Full text: Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an höheren Schulen

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ben Sohn bes Bauers Gordios. An bas Gefährt knüpfte sich 
bas Orakel, wer seine verschlungenen Baststricke löse, werbe König 
von Asien. Da durchhieb Alexanber ben „gorbischen Knoten" 
mit bem Schwerte. 
Dieselbe Straße, auf ber vor siebzig Jahren Cyrus gen 
Babylon zog, führte bas Heer eilig über ben Taurus nach Ci- 
licien. Heiß vom Marsche, stürzte sich ber König unweit Tarsus 
in ben klaren kalten Cybnusfluß. Plötzlich sank er unter; bewußt¬ 
los würbe er herausgetragen. Angst imb Jammer erfüllte bas 
Heer. Der Arzt Philippus aber erbot sich zu rascher Heilung. 
Alexanber trank seine Mischung, währenb er ihm ein warnenbes 
Schreiben seines Felbherrn Pannenion überreichte. Sein Ver¬ 
trauen warb belohnt: nach wenigen Tagen trat er Wieb er vor 
seine jubelnben Truppen. Es war bie höchste Zeit! 
3. Denn mit gewaltigen Heeresmassen näherte sich Darius III. 333 
ber Syrischen Pforte. Bei Jssns, im Winkel zwischen Klein- v.Chr. 
asten unb Syrien, zwischen Gebirg unb Meer, griff ihn Alexanber 
an. Mit seinem rechten Flügel schlug er ben Feinb; seine 
Thessaler zersprengten bie überlegene persische Reiterei. Der 
wuchtige Stoß ber Phalanx auf bem linken Flügel war gar nicht 
nötig: Darius entfloh, seinen Wagen preisgebenb samt Purpur- 
mantel, Bogen unb Schilb. In seinem Zelte fanb man seine 
Mutter unb Gemahlin, zwei Töchter unb einen unerwachsenen 
Sohn. Alexanber ließ bie Frauen Über bas Schicksal bes Groß- 
königs beruhigen; am nächsten Tage soll er sie selbst besucht 
haben. Die greise Königin warf sich vor ber hohen Gestalt 
seines Begleiters Hephästion nieber, ben sie für ben König 
hielt; als sie wegen biefes Versehens sich entschulbigen wollte, 
tröstete sie ber König: „Du hast nicht geirrt, Mutter: auch er 
ist Alexanber." Der Freuub seiner Jugenb war sein zweites Ich. 
4. Bereitwillig öffneten bie Küsienstäbte Syriens unb Phö- 
niciens ihre Thore. Neu-Tyrus jedoch auf schroffer Klippen¬ 
insel wollte bem Sieger wehren, bem Stabtgotte Herakles in 
seinem Tempel zu opfern. Da ließ er quer burch ben Meeres- 
arm aus Stein unb Holz einen Damm aufschütten unb _ ber 
Festungsmauer gegenüber burch zwei Türme krönen; auf biefen 
stanben, burch aufgehängte Häute vor ben lyrischen Branbpfeilen 
gedeckt, bie Geschütze, welche Steine unb Balken schleuberteu 
auf bie feinbliche Stabt unb Flotte. In einer Sturmnacht aber 
füllten bie Belagerten ein Schiff mit Schwefel, Pech unb Reisig, 
führten biefen „Branber" leise bis an ben Damm unb zünbeten 
ihn an; rasch ergriff bie Flamme Damin, Türme imb Maschinen. 
Alsbalb baute der König nnverbrossen aus den (Sebent bes 
fernen Libanons einen neuen Damm; er selbst holte von Sidon
	        
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