§ 65. Maria Theresia. Franz I. und Joseph II.
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Formen; darin stand ihr der kluge und gewandte Fürst Kaunitz
zur Seite. Maria Theresia war aber auch eine vortreffliche Gattin
und Mutter. Ihr Gemahl Franz Stephan, Großherzog von Toskana,
regierte als Kaiser Franz I. von 1745—1765. Ihm folgte sein Sohn ms-iTM
Joseph II. auf dem Kaiserthron 1765—1790; nach dem Tode 3@tIL
der Mutter 1780 ward er auch Herrscher in den österreichischen 1765~1790
Erbländern; mit ihm kam das Haus Lothringen(-Habsburg)
zur Negierung. Joseph II. war ein hochbeanlagter, geistvoller Fürst
von edlem Charakter und hatte das Bestreben, sein Volk glücklich zu
machen und dem österreichischen Staate deutsches Gepräge zu geben;
allein er besaß, allzusehr von dem Geiste der Aufklärung durch¬
drungen (§ 663), nicht die Staatsklugheit seiner Mutter. Die plötz-
liche Aufhebung der meisten Klöster erbitterte die Geistlichkeit, die
Aufhebung der Leibeigenschaft und die Beseitigung der bis¬
herigen Standesvorrechte verfeindeten ihn dem Adel, die Be-
seitigung des Zunftzwanges einem großen Teil der Bürgerschaft.
Weil er alles überstürzte und — wie Friedrich der Große urteilte —
stets den zweiten Schritt vor dem ersten tat, dabei in der Ausführung
seiner zum großen Teil sehr wohltätigen Gesetze (z. B. Gewährung
der staatsbürgerlichen Rechte an die Protestanten, Toleranz)
mit zu großer Strenge verfuhr, so war die Folge seiner Reformen Mißerfolge
allgemeine Unzufriedenheit.
2. Josephs II. Bemühungen um den Besitz Bayerns.
Auch in seiner äußeren Politik hatte Joseph keine Erfolge. Als
in Bayern mit Maximilian Joseph (vgl. § 613) die jüngere Linie
des Hauses Wittelsbach ausstarb, machte er den Versuch, das
Land zu erwerben. Dadurch entstand der bayrische ErbfolgekriegAo?gA?e
(1778—1779, spöttisch, weil der Feldzug fast nur im Herbeischaffen
von Lebensmitteln bestand, auch der „Kartoffelkrieg" genannt). Da
nämlich Friedrich der Große gegen Josephs Ansprüche auftrat und
zwei große Heere, im ganzen 250000 Mann, eine damals unerhörte
Truppenmacht, in Böhmen einmarschieren ließ, mußte der Kaiser das
Land dem rechtmäßigen Erben, dem Kurfürsten Karl Theodor von
der Pfalz (im Frieden zu Teschen 1779) überlassen und sich mit dem
sogenannten Innviertelzwischen Donau, Inn und Salzach begnügen.
Sein späterer Versuch, Bayern von Karl Theodor durch Tausch gegen
die österreichischen Niederlande zu erhalten, wurde durch den
von Friedrich gestifteten Fürstenbund 1785 wiederum vereitelt.Mrst-^und