aber den Neid der norddeutschen Fürsten. Sie beschlossen seine Demütigung
und warteten nur aus eine günstige Gelegenheit. Heinrich verlor den Mut
nicht. Vor seiner Burg in Braunschweig errichtete er das Standbild eines
ehernen Löwen mit aufgesperrtem Rachen, zum Zeichen, wie er seinen
Feinden zu begegnen gesonnen sei. Um sich aber den Rücken gegen seine
Widersacher zu decken, gab er im Jahre 1167 dem Pribislav das Obotriten-
land zurück. Nur ein Teil des südwestlichen Mecklenburgs fiel unter dem
Namen „Grafschaft Schwerin" an Gnnzelin von Hagen, der sich
jetzt „Graf von Schwerin" nannte.
5. Pribislav, deutscher Reichsfürst. — Hinfort wurde Pribislav der
treueste Freund des Sachsenherzogs. Um ihn noch enger an sich zu fesseln,
vermählte Heinrich der Löwe seine Tochter Mathilde mit Pribislavs
Sohn Heinrich Borwin. Am 2. Januar 1170 erkannte Kaiser Friedrich
Barbarossa die mecklenburgischen Fürsten als deutsche Reichsfürsten an.
Dieser Tag ist der Geburtstag des deutschen Mecklenburg, und Pribislav
wurde der christliche und deutsche Ahnherr unseres Fürstenhauses.
6. Pribislav als Christ. — Pribislav war von ganzem Herzen der
Sache Christi zugetan. Mehrfach gab er Beweise seiner christlichen Treue.
Dem König Waldemar von Dänemark half er bei der Zerstörung des
höchsten heidnischen Heiligtums, des Svante vittempels auf Arkona. Am
St. Veitstage des Jahres 1168 wurde das Bild des Svautevit vernichtet.
Dänische Krieger zerhieben es mit ihren Äxten und kochten mit dem Holze
ihr Essen. Im Jahre 1172 begleitete Pribislav Heinrich den Löwen auf
einer Wallfahrt uach Palästina. Wahrscheinlich war Pribislav der erste
Wende, der seine Andacht am heiligen Grabe verrichtete. Während seiner
Abwesenheit starb seine Gemahlin Woislava; sie wurde in der Kirche des
von ihr gestifteten Klosters (Alt-) Doberan «Althof) beigesetzt.
7. Pribislav als Landesvater. — Das Land der Obotriten war durch
die letzten Kriege fast zur Einöde geworden. Ein großer Teil der Be¬
völkerung war ums Leben gekommen, viele hatten sich in die Nachbarländer
geflüchtet, wurden aber hier scharenweise als Sklaven nach Böhmen und
Polen verkauft; der im Lande gebliebene Rest des Volkes rang vielfach
mit dem Hungertode. Pribislav wollte die Wenden als Nation erhalten
und sammelte sie um die Burgen. Doch sah er bald ein, daß es nicht
möglich war, mit den wenigen Wenden, die übrig geblieben waren, das
verwüstete Land gehörig wiederanzubauen. Darum ließ er es gern ge¬
schehen, daß zahlreiche deutsche Einwanderer ins Land zogen. Pribislav
wohnte in Mecklenburg, und das Land nahm allmählich den Namen der
Burg au.
8. Pribislavs Tod. — Pribislav fand 1178 seinen Tod zu Lüne-
burg, indem er auf einem Turnier mit seinem Pferde stürzte. Seine Ge¬
beine wnrder später uach Doberau übergeführt und in der Klosterkirche
daselbst bestattet.
24. Graf Heinrich der Schwarze von Schwerin.
1 Die dänische Herrschaft. — Nach Pribislavs Tode und dem Sturze Heinrichs
des Löwen wurde die friedliche Entwicklung Mecklenburgs durch däuiscbe Eroberungs¬
gelüste gehindert. Pribislavs Nachfolger waren gezwungen, ben König Waldemar II.
als Oberherrn anzuerkennen. Derselbe nahm den Titel eines Königs der Wenden an.