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vorgehaltenem Schild den Gefährten schützte. Unwillig wandte sich der
Held gegen ihn, riß ihm die Schulter von oben ab und öffnete die Seite.
Mit lautem Schrei stürzte Tamastus, Trogus aber stieß bittere Schmähungen
aus. „Stirb," rief Walthari, „und melde deinen Gesellen, wie du sie
gerächt hast." Sprach's und drückte ihm die Goldspange um den Hals.
Da lagen beide Freunde hingestreckt in den Staub.
Seufzend schwingt sich der König aufs Roß und eilt zu Hagano,
ihn endlich zum Kampfe zu bewegen. „Mich," sagt dieser, „hindert der
Ahnen rühmloses Geschlecht, mir hat das kühle Blut den Mut genommen;
mein Vater erblich, wenn er Speere sah, und schlug mit vielen Reden
den Streit aus. Als du dies, König, unter deinem Gefolge prahltest,
war meine Hilfe deiner unwürdig." Da drang Gunthari in ihn mit er¬
neuten Bitten, nimmer verwinde Frankreich solchen Schimpf; zischend
werden die Franken sagen, von einem einzigen Unbekannten sei das ganze
Heer erlegt. Hagano zauderte, bedachte die ehemals Walthari gelobte
Treue. Endlich, als der König nicht nachließ, brach er in die Worte aus:
„Wohin rufst du mich, Herr? Welcher Thor stürzt sich in das offene
Grab? Nicht des teuern Neffen Tod hätte mich vermocht, die Treue zu
brechen; für dich, König, begebe ich mich in die unzweifelhafte Gefahr.
Doch von hier scheide ich aus dem Kampf. Laß uns weiter ziehen und
auf der Warte lauschend die Rosse weiden, dann wird er uns fortge¬
gangen wähnen und seine enge Burg verlassen, im Rücken folgen wir
ihm nach." Diesen Ratschlag lobt der König, umfängt und küßt den
Helden, dann weichen beide zurück, erspähen sich den Hinterhalt und lassen
die Rosse grasen.
Mittlerweile war die dunkle Nacht eingebrochen, und Walthari, der
weise Held, begann zu überlegen, ob er in der sichern Burg verweilen
oder in der öden Wildnis fortziehen solle. Blos den Hagano scheute er
und jene Umarmung des Königs. „Wollen die Feinde nachts in die
Stadt zurückkehren, neue Krieger sammeln und früh morgens das Ge¬
fecht erneuern? Oder liegen sie allein auf naher Lauer?" Aber auch
den unwegsamen Wald fürchtet er, wilde Tiere und die Gefahr für die
Jungfrau. Alles erwogen, beschließt er zu bleiben, bis der Tag das
Licht wiederbringe. „Der stolze König soll nicht sagen, daß ich in Diebes¬
weise aus dem Gebiete entwichen sei."-
Dornen und Gesträuche haut er und verbaut den engen Pfad. Dann
mit bitterem Seufzen naht er sich den Leichnamen, fügt jedem Rumpf sein
Haupt an, und gegen Osten knieend, das bare Schwert haltend, betet er
also: „Dir, o Schöpfer, ohne dessen Willen nichts geschieht, danke ich,
daß du mich schirmtest vor den Geschossen ungerechter Feinde; verleih,
o gütiger Herr, der du die Sünde, nicht den Sünder vernichten willst,
daß ich alle diese dereinst in dem himmlischen Sitze schauen möge."