Attila in Gallien. 107
der alle Feinde zittern machte, der auch die tapferen Germanen unter seine
Herrschaft zwang. Dazu war für Notleidende seine Tür stets offen, und
freigebig teilte er seine Schätze aus.
C. Attila in Gallien. Durch immer neue Kriege wußte er sein Reich
zu Befestigen und zu erweitern. So wurde durch eine seiner Scharen das
Bnrgundenreich zu Worms vernichtet, wobei König Günther mit zwanzig,
tausend Kriegern getötet wurde. Der Rest des Burgundenvolkes rettete sich
nach Westen, in das Land, das heute noch „Bourgogue" heißt. — Aber auch
Attilas Pläne gingen weiter nach Westen: er wollte die noch nicht gebrand-
schatzten Länder Galliens durchziehen. In Gallien wohnten damals: im
Norden die germanischen Franken, in der Mitte, um Paris herum, die
Römer, im Süden die Westgoten. Dazu kamen noch die Bnrgunden
und andere kleinere Stämme. Hinterlistig meldete Attila durch schmeichelhafte
Botschaft dem römischen Kaiser, er ziehe nur gegen die Westgoten; diesen
aber versicherte er, es gehe gegen die Römer. Beide Böker jedoch merkten
den Trng, und es gelang dem tapferen römischen Statthalter Aetius, dem
„letzten Römer", ein großes Bündnis aller Völker Galliens gegen Attila
zustande zu bringen. Auf den Katalaünischen Feldern, einer nnge-451
Heuren Ebene unweit ber Seine, wälzten sich die Völkermassen gegeneinander.
Nicht tiefe Gegensätze, nicht Völkerhaß trieben sie zum Kampfe; es waren
ja Germanen auf beiben Seiten; nur der übermütige Wille eines Einzelnen
lenkte sie, und einmütig folgte fein Heer dem Blitze feiner Augen. — Aber
Attila selbst war besorgt, die Opferbeschauer hatten ungünstige Zeichen ge¬
funden, und so begann er die Schlacht erst gegen drei Uhr nachmittags, da¬
mit die einbrechende Nacht gar zu großes Unheil verhüte. Um einen Hügel
inmitten des Gefildes tobte der Kampf so lange, bis ihn Römer und West¬
goten besetzten. Unermüdlich aber führte Attila feine Völker dahin, und es
entstand ein so furchtbares Ringen, daß 165000 Mann gefallen fein sollen
und daß ein Bach, ber burch jenes Gefilbe floß, hoch anschwoll, aber nicht
von Regengüssen, fonbern vom Blute, bas aus ben Wunben floß, unb wen
ber brennenbe Durst zwang, ber trank von ber blutgemifchten Flut. Hier
würbe auch ber Westgotenkönig Theoberich vom Pferbe gestochen, unb er
starb unter ben Husen ber über ihn wegbrausenben Rosse. In wilbem
Zorne trieben nun bie Westgoten bie Hunnen zurück, so baß biefe sich mit
Mühe am Abenb in ihre Wagenburg retteten. Die ganze Nacht aber irrten
vereinzelte Kämpfer unb Rosse unter Leichen umher, bis sie bie Ihren wieber-
sanben; ja, es wirb erzählt, bie Seelen der Gefallenen hätten in wilder Wut
in den Lüften weitergekämpft.
Am andern Tage erleuchtete die Sonne das Leichenfeld; aber Attila
blieb in feiner Wagenburg, und da er keinen neuen Angriff wagte, schrieben
sich Römer und Westgoten den Sieg zu, und Attila zog nach Ungarn zurück.