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II. Die Reformation und der Dreißigjährige Krieg.
Streit drang auch dem Papst Leo X. zu Ohren, und er beauf¬
tragte den Kardinal Kajetan, der sich gerade in Deutschland
befand, Luther in Augsburg zu verhören und ihn zum Widerruf
seiner Lehren zu veranlassen. Der vornehme Kirchenfürst be-
gegnete dem einfachen Mönch — das war ja Luther noch — in
stolzer und hochfahrender Weise und erreichte dadurch nichts.
Mehr Erfolg hatte der kluge päpstliche Kämmerer Karl von
Miltitz. In einer Unterredung zu Altenburg erklärte sich Luther
bereit fernerhin zu schweigen, wenn die Gegner auch schwiegen.
Aber die Geister waren zu erregt. Der gelehrte Professor
Dr. Eck trat gegen einen Anhänger Luthers auf, und das ver-
anlaßte Luther, sich an sein Versprechen nicht mehr für gebunden
zu halten. Im Sommer 1520 fand zu Leipzig zwischen ihm
und Eck ein öffentliches Religionsgespräch statt, auf dem
nicht nur der Ablaß, sondern auch andere wichtige die Religion
und Kirche betreffende Fragen erörtert wurden. Hier erklärte
Luther, daß er die Entscheidungen des Papstes in Sachen des
Glaubens nicht als richtig anerkennen könne; nur die Bibel und
die Stimme des eigenen Gewissens seien hierin für den Menschen
die Richtschnur. Damit hatte er sich zur katholischen Kirche in
Gegensatz gestellt.
Da sprach Papst Leo X. über ihn den Bann aus, d. h.
Luther wurde aus der Kirche ausgestoßen. Doch dieser zog am
10. Dezember 1520, begleitet von den meisten Professoren und
Studenten der Universität, vor das Elstertor von Wittenberg und
verbrannte die Bannbulle (Bulle ist ein päpstlicher Erlaß;
lat. bulla heißt die Kapsel, die das an der Urkunde hängende
wächserne Siegel vor Beschädigung schützte).
Nun war die Frage, was der Kaiser zu dem Streit sagen würde.
2. Kaiser Karl V. und der Reichstag zu Worms.
Kaiser war damals Karl V. aus dem Hause Habsburg. Er
war auch König von Spanien, beherrschte überdies die Nieder¬
lande (das heutige Holland und Belgien) und Teile von Italien.
Er war in den Niederlanden geboren, in Spanien erzogen, ver¬
stand die deutsche Sprache kaum und verachtete sie (er sagte,
deutsch spreche er mit seinen Pferden) und begriff gar nicht,