Full text: Lebensbilder aus Sage und Geschichte (Vorstufe)

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Heinrich I., „der Vogler". 
sie allen eine Zuflucht; die ungarischen Reiterscharen aber konnten keine 
feste Stadt erstürmen. 
Es galt aber auch, dem Feinde im Felde zu begegnen, und dazu 
übte Heinrich ein Reiterheer ein. Die Sachsen konnten wohl reiten, aber 
sie hatten in der Schlacht immer nur zu Fuße gekämpft, und so waren sie 
den Ungarn nicht gewachsen. Jetzt lehrte sie Heinrich, in geschlossenen Reiter 
scharen anzugreifen, und um sie ernstlich darin zu üben, unternahm er 
mehrere Züge gegen den minder gefährlichen Feind: gegen die Wenden 
oder Slaven. Er ging über die Elbe und kämpfte siegreich gegen sie, ja, 
im Winter, als die Feinde an keinen Kampf mehr dachten, ging er Plötzlich 
mit seinem Heere über die zugefrorene Havel und eroberte ihre Hauptstadt, 
die Festung Brennabor. So brachte er die ganze Gegend, die jetzige 
Mark Brandenburg, in seine Hand; aber es war ein unsicherer Besitz, 
denn die Wenden waren wilde Heiden. 
Indes verflossen die neun Jahre, und als jetzt die Ungarn wieder 
Tribut forderten, wurden sie mit Hohn abgewiesen. Alsbald wälzte sich ein 
gewaltiger Ungarnschwarm heran; aber das Land war verödet, und gegen 
die festen Mauern der Merseburg konnten die Reiterscharen nichts machen. 
Sie zogen daran vorüber, und bei Ri ade an der Unstrut stellte 
sich ihnen Heinrich entgegen. Die Ungarn stutzten beim Anblick der feindlichen 
Reiter, die in geschlossener Schar ansprengten und an deren festen Schilden 
ihre Pfeile abprallten; und als die Deutschen mächtig einhieben — an ihrer 
Spitze der König, in der Hand die Reichsfahne mit dem Bilde des Erz¬ 
engels Michael —, da wichen die Ungarn und flohen aus dem Lande. Ihr 
Lager wurde erobert, und alle Gefangenen darin wurden befreit. Kein Ungar 
hat wieder Sachsen und Thüringen zu betreten gewagt. Das war die große 
933Ungarsch'lacht 933. Die Übung im Reiterkampf aber wurde jetzt eine 
Lieblingsbeschäftigung der Deutschen. Bald fühlten sich die Reiter, die hoch 
über das Fußvolk hinwegsahen, als etwas Besseres. Es bildete sich später 
aus ihnen ein besonderer Stand, der Ritter stand. 
D. Ausgang. Bald nach der Ungarschlacht starb der tapfere König 
Heinrich und wurde in Quedlinburg begraben. Zwei Erfolge seines 
Schaffens sind dauernd geblieben: die Städte und der Ritt er stand, und 
von seinen beiden Beinamen ist sicher „der Städtebauer" der bessere, obgleich 
er eigentlich der „Burgenbauer" heißen müßte; denn die Städte sind erst später 
entstanden. — Man darf aber nicht vergessen, daß Heinrich, der nur siebzehn 
Jahre regierte, eigentlich sein Werk nach zwei Seiten nur halb vollendet hat: 
er hat die Herzöge nur. äußerlich zur Anerkennung seiner Macht gebracht, im 
Grunde taten sie, was sie wollten, — und er hat die Ungarn nur von 
Sachsen und Thüringen abgewehrt. In beiden Punkten mußte sein großer 
Sohn sein Werk vollenden.
	        
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