fullscreen: Geschichte der Griechen für Gymnasien und Realschulen

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fürchterliche Rache an Platäa. Die Besatzung hatte sich be- 
reits zwei Jahre hindurch auf das heldenmüthigste vmheibiget 
und würde sich noch lange gegen alle Angriffe der Feinde ge- 
halten haben, wenn nicht in der Stadt Mangel an Lebensmit- 
teln ausgebrochen wäre. Als die Noth zur gräßlichste» Höhe 
gestiegen war, wagte ein Theil der Einwohner ein verzweifel- 
tes Mittel zur Rettung. Sie stiegen in einer stürmischen Nacht 
mit beispielloser Kühnheit über die doppelten Mauern und Grä- 
ben hinweg und entkamen mitten durch die Feinde glücklich nach 
Athen. Alle übrigen, denen Muth und Kraft zu einem solchen 
Wagnisse fehlten, ergaben sich den Spartanern, als Archidamus 
ihnen ankündigen ließ, daß Jeder verhört, und Keiner ohne 
richterliche Entscheidung zur Strafe gezogen werden sollte. Al- 
lein diese vertragsmäßige Bedingung ward nicht gehalten. Es 
kamen fünf Richter von Sparta nach Platäa, und die ganze 
Untersuchung bestand bloß in der Frage: -„ob sie den Pelopon- 
nesiern während des Krieges etwas Gutes erwiesen hätten." 
Die Platäer erschraken. Sie sahen, daß ihr Verderben bereits 
beschlossen sei, und suchten den schrecklichen Beschluß, der, wie 
es schien, vorzüglich auf Antrieb der Thebaner gefaßt worden 
war, dadurch zu mildern, daß sie mit den ergreifendsten Worten 
schilderten,.was Platäa in der verhängnißvollen Zeit der Per- 
ferkriege für die Freiheit aller übrigen Griechen gethan und $t- 
litten habe: „Es wird einen fürchterlichen Eindruck machen, daß 
Laeedämonier Platäa zerstört haben und daß ihr die Stadt, de- 
ren Namen eure Väter wegen ihres Verdienstes auf den zu 
Delphi geweihten Dreifuß eingegraben, gänzlich auS der Helle- 
nenwelt ausgetilgt habet. Denn auf diese Höhe des Mißge- 
schickes sind wir gebracht worden! Wir würden vernichtet wor- 
den sein, hätten die Perser gesiegt; und jetzt sollen wir bei euch, 
die ihr einst unsere besten Freunde wäret, den Thebanern nächste- 
hen! Wir Platäer, die wir für die Hellenen über unsere Kräfte 
eifrig waren, sind jetzt von Allen verlassen, ohne Hülfe und ohne 
Fürsprecher; keiner der damaligen Bundesgenossen steht uns bei, 
und auch ihr, o Laeedämonier, unsere einzige Hoffnung, wir fürch¬ 
ten, ihr wollet uns verlassen!"^ Hierauf beschwuren sie die Rtch- 
4) Höchst ergreifend ist die meisterhaste Rede der Platäer bei Thueyd. 
in. 53 — 60.
	        
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