I. Die Jahres- und Festzeiten. 
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5. Vom Borgo Vöglein fliegen 
Und Wolken so geschwind; 
Gedanken überfliegen 
Die Vögel und den Wind. 
6. Die Wolken ziehn hernieder, 
Das Vöglein senkt sich gleich; 
Gedanken gehn und Lieder 
Fort bis ins Himmelreich. 
J v. Eichendorff. 
22. pie Mine. 
1. Denkmal längst entschrvundner Zeiten, ! 4. Überall sproßt neues Leben 
Aus versunkner Herrlichkeit; 
Frohe Jugendlieder schallen 
Durch die ausgestorbnen Hallen, 
Alles, alles weicht der Zeit. 
5. In des Hofes weiten Räumen, 
Wo im fröhlichen Turnier 
Kampfesmullge Rosse brausten, 
Schwerter blitzten, Speere sausten: 
Stille Lämmer weiden hier. 
6. Wo wir heute fröhlich tanzen, 
Wölbt sich morgen schon ein Grab: 
Menschen kommen, Menschen gehen, 
Doch dieselben Sterne sehen 
Auf sie alle stets herab. 
F. Dieffenbach. 
23. per HUlger. 
In einem schönen Schlosse, von dem schon längst kein Stein mehr 
auf dem andern geblieben ist, lebte einst ein sehr reicher Ritter. Er ver¬ 
wendete sehr viel Geld darauf, sein Schloß recht prächtig auszuzieren; 
den Armen tat er aber wenig Gutes. 
Da kam einmal ein armer Pilger in das Schloß und bat um eine 
Nachtherberge. Der Ritter wies ihn trotzig ab und sprach: „Dieses Schloß 
ist kein Gasthaus." Der Pilger sagte: „Erlaubt mir nur drei Fragen, 
so will ich weiter gehen." Der Ritter sprach: „Aus diese Bedingung hin 
mögt Ihr immer fragen, ich will Euch gern antworten." 
Der Pilger fragte ihn nun: „Wer wohnte doch wohl vor Euch in 
diesem Schlosse?" „Mein Vater!" sprach der Ritter. Der Pilger fragte 
weiter: „Wer wohnte vor Eurem Vater da?" „Mein Großvater!" ant¬ 
wortete der Ritter. „Und wer wird wohl nach Euch darin wohnen?" fragte 
der Pilger weiter. Der Ritter sagte: „So Gott will, mein Sohn!" 
„Nun," sprach der Pilger, „wenn jeder nur eine Zeit in diesem 
Schlosse wohnet, und immer einer dem andern Platz machet — was 
seid Ihr denn anders hier als Gäste? Dieses Schloß ist also wirklich 
ein Gasthaus. Verwendet daher nicht so viel, dieses Haus so prächtig 
Stehst du, alterndes Gestein, 
Hoch auf schroffen Felsenhöhen, 
Und durch deine Fenster gehen 
Alle Winde aus und ein. 
2. Leichtbeschwingte Vögel nisten 
Jetzt im halbzerfallnen Turm; 
Durch der Tore weite Bogen, 
Draus die wackern Kämpfer zogen, 
Ziehet tobend jetzt der Sturm. 
3. Hier in hochgewölbtem Saale, 
Wo bei hellem Liederfchall 
Sonst die muntern Zecher tranken, 
Wuchern jetzt die Efeuranken, 
Wilde Rosen überall.
	        
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