Full text: Deutsche Sagen und Geschichten aus dem Mittelalter (Teil 2)

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zu seinem Nachfolger ernannte, und begab sich dann 
in den letzten Tagen des Oktobers nach Aachen. Ina 
Januar des folgenden Jahres ward er von einem heftigen 
Fieber befallen; sieben Tage hielt die Krankheit an, 
dann starb er am 28. Januar des Jahres 814, nachdem 
er fünfundvierzig Jahre regiert hatte. Der Leichnam 
■wurde einbalsamiert und in der von Karl erbauten Kirche 
zu Aachen feierlich beigesetzt. Er wurde in vollem 
kaiserlichen Schmucke in die Gruft gebracht; ein gol¬ 
denes Evangelienbuch auf den Knieen, safs er in auf¬ 
rechter Stellung auf einem goldenen Stuhle, Die Gruft 
wurde mit Weihrauch und Spezereien angefiillt und ver¬ 
schlossen und versiegelt. 
6 Oer Zerfall des fränkischen Reiches. 
Karl der Grofse hatte das fränkische Reich zu 
gewaltiger Macht erhoben; dasselbe dehnte sich aus 
von der Eider bis an den Ebro, von der Raab 
bis an das atlantische Meer. Aber das grofse Reich 
konnte bei der Verschiedenheit der Völkerschaften, 
welche in demselben zu einem Ganzen verbunden waren, 
nur so lange bestehen, als ein kräftiger Herrscher die 
lockeren Bande zusammenhielt. Schon unter seinem 
Sohne Ludwig, einem schwächlichen, mehr zu frommer 
Beschaulichkeit und träger Behaglichkeit als zu ernster 
Regentenarbeit geneigten Manne, zerbrachen die Grund¬ 
vesten des Reichs, nachdem der unmächtige König das¬ 
selbe unter seine Söhne geteilt hatte. Da er nämlich 
die unter seine drei ältesten Söhnen getroffene erste 
Teilung später zu gunsten eines aus zweiter Ehe ge¬ 
borenen vierten Sohnes umstiefs, so entbrannte ein hef¬ 
tiger Streit der Söhne gegen ihren Vater und gegen
	        
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