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ihres Gemütes. Als sie aber durch den Übermut des
Prometheus den Zorn des Zeus sich zugezogen hatten,
da trat an Stelle des goldenen Zeitalters das silberne,
und jetzt zuerst nahten sich ihnen die Sorge und der
rauhe Tod, jetzt zuerst lernten sie des Lebens drückende
Mühe kennen. Aber nicht lange, so gesellte sich zu
der quälenden Sorge auch die Sucht nach Reichtum und
verfluchtem Gold. Das Verlangen seine Schätze zu ver¬
mehren trieb den Menschen auf die stürmende See und
in die dunkelen Tiefen der Erde. Das war das eherne
Zeitalter. Schlimmer aber als dieses war das eiserne.
Hafs und verderbliche Zwietracht griffen unter den Men¬
schen Platz; das früher so friedliche Eisen ward zur
wilden Waffe; und schon sind blutige Kriege nicht selten.
Der Freund ist vor dem Freunde, der Bruder vor dem
Bruder nicht sicher. Zu Boden liegt die Scheu vor den
Göttern, und tief erzürnt verlassen diese den Verkehr
mit den Menschen, zu den sonnigen Hügeln des Olympus
entweichend.
2. Kaum traute Zeus den Berichten, welche ihm
Hermes und die übrigen Götter über die Frevel der
Menschen zubrachten. Er beschlofs, sich selbst zu über¬
zeugen, bevor er das verruchte Geschlecht zugrunde
richte. In menschlicher Gestalt erschien er auf der Erde;
aber was er sah, war noch schlimmer, als was er ver¬
nommen. Eines Abends näherte er sich dem Palaste
des Lykaon, eines Königs von Arkadien, der vor allen
ändern durch seine Grausamkeit berüchtigt war. Wunder¬
zeichen lassen erkennen, dafs es ein Gott ist, der da
kommt, und demütig wirft sich die Menge auf die Kniee.
Aber Lykaon spottet des Volkes und gedenkt, die Gott¬
heit des Fremdlings auf frevelhafte WTeise zu erproben.