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Semele, hatte niemals an die Göttlichkeit ihres Schwester¬
kindes glauben wollen, und als nun Dionysus in Theben
erschien, beredete sie ihren Sohn Pentheus, den König
der Stadt, dafs er den vermeintlichen Gott in den Kerker
werfe. Zur Strafe dafür liefs Dionysus sie in Wahnsinn
verfallen; sie ward selber von bacchantischem Jubel
ergriffen und eilte hinaus vor die Stadt, um auf den
benachbarten Bergeshöhen mit den Begleiterinnen des
Dionysus zu schwärmen. Dionysus aber zerbrach die
Fesseln, in welche der König ihn geschlagen, mit leichter
Hand und umgab das Haupt desselben gleichfalls mit
verblendendem Wahnsinn. Voll Ingrimmes folgt Pentheus
der Mutter und den übrigen Thebanerinnen, welche
«benso wie sie von der Begeisterung ergriffen sind.
Aber kaum ist der König inmitten des wild jubelnden
Schwarmes angelangt, da fallen die Bacchantinnen auf
einen Wink des Dionysus über ihn her; die Mutter selbst,
die ihren Sohn für einen Löwen hält, legt Hand an ihn,
und bald liegt der Leib des Pentheus zerstückelt am
Boden. Jetzt aber löst der Gott die Nacht des Irrsinns
von den Augen der Mutter; sie erkennt ihre Unthat und
versagt dem Gotte die gebührende Anerkennung nicht
länger.
13. Dionysus und die Schiffer.
Einst landeten italische Schiffer an einer Insel in den
Meeren Griechenlands, um frisches Wasser zu schöpfen.
Die Männer, welche ausgesandt waren, das Wasser zu
holen, fanden an dem Ufer einen schlafenden Jüngling.
Sie ergriffen ihn und führten ihn mit sich fort, um ihn
etwa bei Gelegenheit als Sklaven zu verkaufen; wie von