— 98 —
Sein Gehalt war in dieser langen Zeit nur klein, und er mutzte sich
sehr einschränken, um leben zu können. Denn sein Vater, der alles
Vermögen verloren hatte, konnte ihm nichts geben. Moltke hat
später selbst erzählt, daß er damals oft Mangel gelitten habe.
Als Hauptmann machte er ein Reise nach Konstantinopel. Dort
wurde er mit einem hohen türkischen Beamten bekannt und ließ sich
von diesem bewegen, in die Dienste des Sultans zu treten. Das
türkische Heer war sehr vernachlässigt, und Moltke sollte helfen, es
von neuem einzurichten. Das tat er auch, und der Sultan schätzte den
tüchtigen Offizier deshalb so hoch, daß er ihn einem Feldherrn zur
Seite stellte, der in Kleinasien einen schwierigen Krieg führen mußte.
Moltke hatte so die Gelegenheit, viele Erfahrungen und Kenntnisse
zu sammeln. „Briefe aus der Türkei", die er in die Heimat schrieb,
geben davon Zeugnis. Der türkische General mißachtete einmal
Moltkes Rat in einer Schlacht und erlitt deshalb eine schwere Nieder-
läge.
Nach vier Jahren kehrte Moltke in das preußische Heer zurück,
und von nun an ging es rasch mit ihm vorwärts. Er kam wegen seiner
Tüchtigkeit in den Großen Generalstab, d. h. die oberste Heeresleitung,
und wurde Begleiter des damaligen Prinzen Friedrich Wilhelm,
des späteren Kaisers Friedrich. Mit ihm machte er Reisen nach Ruß-
land, England, Frankreich und Italien. Wilhelm I. stellte den Berater
seines Sohnes im Jahre 1857 an die Spitze des Generalstabes, und
nun war Moltke an dem rechten Platze.
Die wichtigste Aufgabe des Generalstabes ist es, Feldzugspläne
für den Kriegsfall auszuarbeiten, und darin zeigte sich Moltke als
Meister. Er bereitete die Pläne für die Kriege von 1864, 1866,
1870/71 vor und legte dadurch den Grund zu den glänzenden Waffen-
erfolgen dieser Jahre. Mit erstaunlicher Sicherheit und Ruhe leitete
er die Bewegungen der Truppen und führte sie von Sieg zu Sieg.
2. Moltkes Ruhm. Die Welt staunte, und Moltkes Name wurde
berühmt in ganz Europa. Wilhelm I. überhäufte ihn mit Ehren und
Würden; 1870 ernannte er ihn zum Generalfeldmarschall und machte
ihn zum Grafen. Aber im Volke hieß der beliebte Mann immer nur
„Moltke". Die größten Städte von Deutschland ernannten ihn zu
ihrem Ehrenbürger, und als er aus Frankreich zurückkehrte, verlieh
ihm der Reichstag eine Ehrengabe an Geld, wofür er sich das Gut
Kreisau in Schlesien kaufte.
Moltke dachte viel und sprach wenig; den „großen Schweiger"
hat man ihn genannt. Bescheiden ging der Sieger von Königgrätz
und Sedan allen öffentlichen Ehrenbezeugungen gern aus dem Wege;
er habe ja nur seine Pflicht getan, meinte er. „Ich habe", war fein
Ausspruch, „einen Widerwillen gegen Lobhudeleien. Es macht mich