fullscreen: Lektüre zur Erdkunde

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Tage bis ins Felsengebirge fahren. Zu den erfreulichen Charakterzügen 
der Deutschen unserer Tage gehört es, daß sie zahlreicher, intensiver 
und verständiger die Schönheiten der Alpen genießen als irgendein 
anderes Volk. 
In dem schmalen Streifen Alpenland, der von Berchtesgaden bis 
zum Bodensee deutsch ist, baut das Hochgebirge sich rein aus Kalk- 
felsen auf. Der höchste Gipfel, die Zugspitze, mit 2960 in überhaupt 
die bedeutendste Erhebung der deutschen Alpen, bleibt zwar weit unter 
den fast 2000 m sie überragenden Hochgipfeln der Zentralalpen, aber an 
Kühnheit des Aufbaues, an zurückweisender Rauheit der Erscheinung, 
an dem, was die Alpen hoch und hehr macht, fehlt es dennoch nicht. 
Es ist eine allgemeine Regel, von Marseille bis Wien, daß bei geringerer 
Höhe die aus Kalkstein aufgebauten Alpen schroffer, gegensatzreicher, 
daher malerischer sind als die aus den alten kristallinischen Felsarten, 
Granit, Gneis, Schiefer, sich auftürmenden zentralen Alpen. Auf 
Bergen von 2500—2800 in können wir keine großen Gletscher erwarten. 
Dafür sehen wir auf den steilen Schutthalten, in den tiefen Rissen 
derselben das Silbergrau einzelner Firnflecken tiefer herabsteigen. Keine 
Rhone und kein Rhein tritt hier aus majestätischem Gletschertor hervor, 
aber die Klammen der Partnach und der Leutasch stehen nicht hinter 
der Gorge du Trient zurück. Nicht die Größe, sondern die Nähe der 
Gegensätze macht den Reiz der Landschaft der deutschen Alpen aus. 
Es gibt in den Kalkalpen so viele Stellen, die der Einzelbeobachtung 
größeren Genuß als der umfassenden Anschauung oder dem Fernblick 
bieten. Darin nähern sie sich den sonst so weit verschiedenen Mittel- 
gebirgen. 
Die Vegetation der Kalkalpen ist reicher als die der Urgesteins- 
alpen. Man preist die Flora der Alpen von Wallis. Aber wie ent- 
täuscht uns hier allein schon der Mangel des tief braungrünen Krumm- 
Holzes, in dessen Schatten die rostblättrige Alpenrose besser als irgend 
sonstwo gedeiht! Die graugrüne dünnadelige Lärche ersetzt sie nicht. 
Im Wendelsteinhaus hängt ein kleines Bildchen eines Münchener 
Malers. Man sieht darauf einen lichtgrauen kantigen Felsen, an den 
eine Wetterfichte mit zerklüftetem Stamm sich anklammert, während 
an seinem Fuße eine Legföhre ihre verschlungenen Aste ausbreitet, in 
deren Schatten Alpenrosen blühen. Das leuchtend lichte Grau des 
Kalkes, das helle Grün der Fichte, der Purpur der Alpenrose und das 
fast schwärzliche Braungrün der Legföhre: das sind die Farben unserer 
Kalkalpen. Wir dürfen aber nicht vergessen, auch noch die saftigen 
Matten hinzuzufügen, die vor allem aus dem schwäbischen Anteil der 
deutschen Alpen, dem Algäu, eines der dem Auge wohltuendsten und 
zugleich milch- und käsereichsten Länder Europas machen. 
Die Schwäbisch-bayerische Hochebene ist an manchen Stellen ein- 
förmig. Im Donaumoor und im Dachauer Moor schlummert die Poesie
	        
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