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lernt) konnte er nicht bezwingen. Das reizte gewaltig seinen Zorn.
Als nun der russische Kaiser Alexander sich an den Feindseligkeiten
gegen das Jnselreich nicht weiter beteiligen wollte, da wandte sich
der Grimm des Eroberers gegen Rußland. Mit einem Heere, das
so groß war, wie es bis dahin die Welt noch nicht gesehen 1
hatte, zog er im Sommer gen Osten; auch Preußen mußte
Hilfstruppen stellen. Napoleon schlug die Russen in zwei gewal¬
tigen Schlachten und zog in ihre alte Hauptstadt Moskau ein.
Aber die Russen steckten die Stadt an allen Ecken in Brand,
damit Napoleons Heer kein Winterquartier darin habe. Erschrocken
mußte der Kaiser vor dem großen Feuer weichen, und da schon
der Winter begann, befahl er den Rückzug. Dieser führte durch
gänzlich verwüstete Gegenden, und das Heer litt bald schrecklichen
Mangel an Lebensmitteln. Dazu kam eine furchtbare Kälte; täglich
erfroren Tausende von Soldaten. Viele erlagen auch dem Schwerte
der Russen. Zuletzt floh Napoleon selbst vom Heer und eilte auf
einem Schlitten durch Deutschland nach Frankreich zurück. Von
der halben Million Streiter, die in Moskau eingezogen waren,
retteten sich nur klägliche Haufen ausgehungert, zerlumpt und mit
erfrorenen Gliedern über die Grenze von Preußen.
8. Napoleons Sturz und Ende. Jetzt war die Stunde der
Befreiung für die geknechteten Völker gekommen, und es begann
der große Kampf gegen den Unterdrücker, an dem das preußische
Volk einen so hervorragenden Anteil genommen hat.
Das Ende war der Zusammenbruch seines Thrones. „Das
Schauspiel ist aus!" rief der Gestürzte. Er suchte schließlich
aufs Meer zu entkommen und wollte nach Amerika. Aber in dem
Hafen Rochefort mußte er sich dem Kapitän eines englischen
Schiffes ergeben. Die Engländer verbannten den „General Bona-
parte" als Gefangenen nach der einsamen Felseninsel St. Helena,
die viele hundert Meilen von Europa entfernt im Atlantischen
Ozean liegt. Hier hatte der ehemalige Machthaber Zeit, darüber
nachzudenken, daß die Vaterlandsliebe der Völker auf die Dauer
stärker ist als rohe Gewalt. Gemahlin und Sohn, die nach Oster-
reich gegangen waren, sah er niemals wieder.
Napoleon starb an Magenkrebs am 5. Mai; „A la -i oqi
tete de Tarnte . . waren seine letzten, im Fieber ge-
sprochenen Worte. Nur 51 Jahre ist er alt geworden. Die irdischen
Reste des außerordentlichen Mannes wurden 1840 von einer fran¬
zösischen Kriegsflotte mit großem Pompe nach Frankreich geholt
und ruhen seitdem im „Dome der Invaliden" zu Paris.