Full text: Für die Klassen 7 und 6 (Teil 1)

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Deutsche Sagen. 
Der Tag des Zweikampfes wurde festgesetzt. In der glänzenden 
^-tadt Mainz am Rhein saß König Heinrich und um ihn viele edle 
Ritter; er sollte den Streit entscheiden. Dreimal rief der gewaltige 
Telramund laut in die Volksmenge, der solle sich zeigen, der für Elsa von 
Brabant gegen ihn kämpfen wolle. Keiner wagte es. Schon wollte König 
Heinrich Elsa als Braut Telramunds erklären, als zum Staunen aller auf 
dem Rhein ein von einem weißen Schwan gezogener Kahn erschien. 
In ihm lag schlummernd in seiner goldglänzenden Rüstung ein jugendlicher 
Ritter. Als der Kahn landete, erwachte er, schritt vor den König und 
erklärte sich bereit, für die schöne Elsa zu fechten. Als mün nach seinem 
Namen fragte, antwortete er: „Fraget mich nicht nach meinem Namen 
und meiner Heimat! Wisset, ich bin aus königlichem Geschlecht." 
Der Kampf begann. Wohl schlug Telramund mit ganzer Kraft auf 
seinen Gegner los und suchte ihn niederzustrecken; doch immer schneller, 
immer gewaltiger wurden die Schwerthiebe Lohengrins, bis ein letzter 
furchtbarer Schlag des Feindes Helm spaltete und ihn zu Tode verwundete. 
Sterbend gestand er ein, falsch geschworen zu haben. Der König erkannte 
den Fremden als Sieger an und schenkte ihm das Herzogtum Brabant. 
Elsa aber wurde seine liebende Gattin. Am Tage der Hochzeit, die mit 
großer Pracht gefeiert wurde, bat Lohengrin seine Frau: „Holde Ge- 
mahlin, frage niemals nach meinem Namen oder nach meiner Heimat; 
wenn du es doch tust, muß ich dich sogleich verlassen." Gern versprach 
es die schöne Elsa. 
Mehrere Jahre lebte Lohengrin mit seiner liebenden Gattin und drei 
Söhnen, die sie ihm geschenkt hatte, in Glück und Zufriedenheit. Ost 
zog ihr Gatte mit dem König gegen die Feinde des Landes, stets kehrte 
er siegreich heim, so daß alle seine Tapferkeit bewunderten. Doch be- 
neideten ihn auch viele und dachten, ihn und seine Gattin zu verderben. 
Höhnisch sagte eines Tages eine andre Herzogin zur schönen Elsa: „Wohl 
ist Lohengrin tapfer, das müssen wir alle anerkennen, doch seine Krast 
kommt sicher von einem bösen Zauber her; weiß doch keiner, woher er 
stammt." Dies kränkte Elsa sehr und trotz ihres Gatten Verbot, beschloß 
sie endlich, ihn nach seiner Herkunft zu fragen. 
Voll tiefen Schmerzes hörte er ihre Frage, er wußte, daß er jetzt 
von ihr scheiden mußte. Mit allen Edlen erschien er am Hofe des Königs 
Heinrich, und hier vor allen Leuten offenbarte er sein Geschlecht. 
„Mein Vater Parzival trägt seine Krone, 
Sein Ritter ich — bin Lohengrin genannt." 
Dreimal stieß er in sein Horn. Da erschien, von dem weißen Schwan
	        
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