Full text: Für die Klassen 7 und 6 (Teil 1)

§ 8. Die Argonauten. 
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sich aus dem grünen Rasen und weißen Sande am Ufer, labten sich an 
Speise und Trank und horchten voll Entzücken auf die schönen Lieder des 
Orpheus. Als am andern Tage die Morgenröte erschien, bestiegen sie die 
Schiffe und fuhren ab. 
Nach mancherlei Abenteuern, die sie zu bestehen hatten, gelangten 
die Helden glücklich in Kolchis an. Nach ihrer Landung berieten sie, auf 
welche Weise sie am besten in den Besitz des kostbaren Vließes kämen. 
Jason schlug ihnen vor, zuerst lieber durch Bitten den König Aietes zu 
bewegen; alle stimmten ihm zu. So machte er sich mit vier Genossen auf. 
Wie staunten sie aber über die prächtige Wohnung des Königs! Hohe 
Mauern, an denen schöne Säulen entlang liefen, umgaben sie. Als sie 
durch die glänzende Tür eintraten, sahen sie schattige Lauben von köst- 
lichem Wein, dazu vier hohe Springbrunnen; aus dem einen stoß süße 
Milch, aus dem andern feuriger Wein; der dritte gab duftendes Öl und 
endlich der vierte im Winter warmes, im Sommer kaltes Wasser. In- 
mitten der Gärten standen zwei leuchtende Paläste, in dem einen, der höher 
lag, wohnte Aietes und seine Gemahlin, in dem andern ihr Sohn A p s y r - 
i u s. Der König begrüßte die Fremdlinge, wie sich gebührte. Ein Festmahl 
ward hergerichtet, viele Diener eilten geschäftig hin und her, um alles zu 
besorgen. Als sie sich zu Tische setzten, kam auch die jugendlich schöne 
Tochter des Königs M e d e a hinzu. Als sie den stattlichen Griechen Jason 
sah, kam Liebe in ihr Herz zu diesem Manne, der alle andern an Stärke 
und Schönheit übertraf. 
Während des Mahles forschte Aietes durch kluge Fragen, warum 
wohl die Griechen in sein Land gekommen seien. Da hörte er den Grund. 
Ergrimmt sprang er auf und schrie: „Geht sofort aus meinem Palaste, 
ihr Schändlichen! Nicht das Vließ wollt ihr holen, sondern mir den Thron 
rauben. Hättet ihr nicht schon an meinem Tisch gesessen und so das Gast- 
recht erworben, dann würde ich euch die lügnerischen Zungen ausreißen 
und die Arme abschlagen." Doch Jason erwiderte ruhig: „Du irrst, o 
König; nicht mit böser Absicht sind wir gekommen, nur das goldene Widder- 
sell begehren wir. Gib es uns, und wir werden deinen Ruhm in ganz 
Griechenland verkünden. Wir wollen dir auch zum Dank dafür gern 
gegen alle deine Feinde helfen." Da überlegte sich der König, was er 
am besten tun sollte. Listig dachte er, zuerst der Helden Kraft zu erproben, 
in der Hoffnung, daß sie bei der Arbeit, die er ihnen auftragen wollte, 
umkämen. So sprach er: „Ich will euch das Vließ freiwillig geben, wenn 
ihr folgende Arbeit leistet. Auf meinem Felde habe ich zwei gewaltige 
Stiere, die haben eherne Hufe, und aus ihren Nasenlöchern wehen
	        
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