Full text: Vorschule der Geschichte

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deren Spitze das Vorgebirge Athos bildet, mit dem Festlande zu¬ 
sammenhängt, ließ er einen tiefen und breiten Kanal graben, damit 
die Flotte sicher die Gefahr des Scheiterns vermeiden sonnte; über 
den Hellespont aber baute er Brücken. Mächtige Taue wurden zu 
diesem Zwecke über die Meerenge gezogen und zwischen ihnen Schiff 
an Schiff festgeankert. Auf die Taue legte man Baumstämme, über¬ 
spannte dieselben wieder mit Tauen und legte dann die Balken der 
Brücken darauf, welche mit Erde bedeckt und mit Geländern ver¬ 
sehen wurden. Aber die Macht der Elemente war stärker, als das 
Werk der Menschen. Ein heftiger Sturm riß die Brücken ausein¬ 
ander. Da ließ der ergrimmte König die Baumeister enthaupten, 
dem Hellespont aber, um die bösen Geister auszutreiben, dreihundert 
Geißelhiebe versetzen und Ketten in ihn versenken. Andere Bau¬ 
meister stellten die Brücke stärker wieder her. Als nun die Heere 
herbeigezogen waren, begann der Marsch über dieselbe; er währte sieben 
Tage. Mit Stolz sah der König die ungeheuren Heeresmassen vor¬ 
überziehen und die Masten der zahlreichen Schiffe, welche sich auf 
dem Meere schaukelten. Wie war er da voll Siegesgewißheit! 
Während das Heer an der Nordküste des ägäischen Meeres dahinzog, 
segelte die Flotte in der Nähe des Strandes, um es zu unterstützen 
und mit Lebensmitteln zu versehen. 
Aber auch die Griechen waren nicht unthätig gewesen, sondern 
hatten sich gerüstet, um solcher Gefahr tapfer zu begegnen. Es war 
ein Glück für Athen, daß nach des Miltiades Tode noch Männer 
lebten, welche wohl verstanden, den Staat zu leiten und in den Tagen 
der Not zu beschirmen. In Athen herrschte ja seit langer Zeit kein 
König mehr, sondern die Bürger selbst berieten und beschlossen in 
ihren Versammlungen über das Wohl und Wehe ihres Landes. Da 
gab es oft große Uneinigkeit; denn es traten Redner auf, von denen 
'inen dies, die andern das Gegenteil rieten. Damals standen 
n Aristides, den man den Gerechten nannte, und der scharf- 
sichttge Themistokles als Gegner gegenüber. Beide waren darin 
einig, daß man die Perser wieder tapfer bekämpfen müßte; aber über 
die Mittel waren sie ganz verschiedener Ansicht. Während Aristides 
bet Meinung war, man müßte dem Feinde zu Lande entgegentreten, 
toie einst bei Marathon, behauptete Themistokles, nur dann dürfte 
'"an aus den Sieg hoffen, wenn man zur Verteidigung der Küste
	        
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