in heuchelndem Tone: „Ich bin Sinon, der mit den Griechen hierher
kam. Aber ich hatte mir den Haß des Odysseus zugezogen, und
der Ränkevolle überredete im Bunde mit Kalchas die Griechen, es
sei der Wille der Götter, daß ihnen beim Abzüge des Heeres ein
Mensch zum Opfer gebracht werde. Sie wußten es durchzusetzen,
daß ich Armer dazu ausersehen wurde. Schon stand ich mit Opfer¬
altar, da gelang es mir, zu entfliehen und mich im Schilfe zu ver¬
bergen. Sie fanden mich nicht und segelten davon. Ich aber floh
unter den Bauch dieses Pferdes." Die trügerischen Worte fanden
Glauben bei dem mitleidigen Volke der Troer. Sie sprachen ihm
Mut zu und verhießen ihm, ihn bei sich aufzunehmen, wenn er
ihnen die Wahrheit darüber enthülle, was das Roß bedeuten solle.
Da setzte der Grieche seine lügnerische Nede so fort: „Seit die
Griechen aus dem Tempel in eurer Stadt das Palladium (Bild der
Pallas Athene) entwandten, hatten sie die Gunst der Göttin
verscherzt, und es war ihnen versagt, eure Stadt zu erobern. Da
beschlossen sie auf den Rat des Kalchas heimzukehren, um Mittel
zu finden, das Palladium in die Stadt zurückzubringen. Sie folgten
demselben und ließen, wie er ferner riet, dieses Pferd als ein Weih¬
geschenk für die Göttin zurück, in der Hoffnung, ihr würdet es
zerstören und den Zorn der Göttin aufs neue auf euch ziehen."
Die Trojaner glaubten zu ihrem Verderben den Lügen des Griechen,
besonders, als er feierlich die Götter als Zeugen der Wahrheit seiner
Worte anrief. Die aber noch zweifelten, wurden durch ein grauen¬
volles Ereignis zu dem Glauben gebracht, daß auch die Götter die Worte
des Griechen bestätigten. Am Ufer des Meeres nämlich stand Laokoon,
um ein Opfer darzubringen. Siehe, da tauchten aus den Wogen
zwei riesige Schlangen hervor, krochen gerade auf den Priester zu,
umschlangen mit ihren Leibern zuerst die beiden Söhne desselben und
verwundeten sie mit ihren Bissen. Als der Vater ihnen zu Hülfe
kommen wollte, umschlangen sie auch ihn und töteten ihn samt
den Kindern. (Gruppe des Laokoon.) Das nahm das Volk als ein
Zeichen, daß der Priester den Zorn der Götter aus sich geladen, als
er die Lanze nach dem Pferde warf. Nun war kein Halten mehr.
Das verblendete Volk brachte Rollen unter den Hufen des Pferdes
an, riß die Mauer neben dem Thore ein und zog das Pferd in die
Stadt. Vergebens ertönte die Warnungsstimme der Kassandra, der