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den wieder gelandeten Griechen die Thore der Stadt, zerstörten
dieselbe mit Feuer und richteten ein furchtbares Blutbad an.
Priamns und seine Söhne wurden am Altar ermordet, Hekabe
und die übrigen Frauen und Jungfrauen als Sklavinnen fort-
geschleppt. So endete der Zug gegen Troja.
§ 10. Odysseus. Die Griechen hatten furchtbare Rache
genommen für den Raub der Helena; aber viele Tapfere hatten
während des Kampfes den Tod gefunden, und auch bei der Rück-
kehr hatten viele noch mit den widrigsten Schicksalen zu kämpfen.
Zuletzt von allen sah Odysseus die Heimat wieder. Schon
vor dem Zuge war ihm geweissagt worden, er würde erst nach
zwanzig Jahren zu seiner Gattin Penelope und seinem Sohne
Telemach zurückkehren, und wirklich kam er erst zehn Jahre
nach der Zerstörung Trojas wieder nach Jthaka. Der Sturm
trieb seine Schiffe nach dem Lande der Lotophägen. Dann
wurde er nach einer Insel zu den Cyklopen verschlagen; der
Cyklop Polyphemus verschlang mehrere seiner Gefährten, und
nur durch List gelang es ihm, sich mit den übrigen zu retten.
Darauf kam er zu den Inseln des Äölus, des Beherrschers
der Winde, und von dort zu der Zauberin Ciree, die ihn ein
ganzes Jahr lang zurückhielt. Endlich sandte sie ihn nach der
Unterwelt, um den Schatten des Sehers Tiresias zu befragen.
Er traf dort auch seine Mutter Antiklea, den Achilleus,
Agamemnon und andere Helden. Glücklich kam er dann bei den
Inseln der Sirenen und bei den Strudeln der Scylla und
Charybdis in der sicilischen Meerenge vorüber. Da aber seine
Gefährten auf Sicilien sich an den Rindern des Sonnengottes
Helios vergriffen, zerstörte Zeus sein Schiff durch einen Blitz; atte
seine Gefährten ertranken, und er allein rettete sich, indem er den
Mastbaum umklammerte, nach der Insel Ogygia. Dort wollte
ihn die Nymphe Kalypso für immer zurückhalten, und erst nach
sieben Jahren entließ sie ihn. Das Floß, welches er sich gezim-
mert hatte, wurde durch einen Sturm zertrümmert; er selbst jedoch
rettete sich schwimmend nach der Insel Scheria, wo die Phäaken
wohnten. So fand ihn Nansikaa, die Tochter des Alkinons,
des Königs der Phäaken. Sie brachte ihn zu ihrem Vater, der
ihn gastfreundlich aufnahm und ihn dann auf einem Schiffe nach
Jthaka sandte. Dort hatte man ihn längst für tot gehalten.
Viele Fürsten drängten deshalb die Penelope, sich mit einem
von chnen zu vermählen, und da sie das nicht wollte, blieben sie
auf der Insel und verpraßten Habe und Gut des Odysseus. Das
erfuhr er von dem Sauhirten Enmäns, zu dem er in Bettler-
gestalt kam, und bei dem er auch mit seinem Sohne Telemach
zusammentraf, welcher ihn bei Nestor gesucht hatte. Er gab sich
beiden zu erkennen, ging mit ihnen nach seinem Palast, tötete mit
ihrer Hülfe die Freier und wurde endlich mit seinem treuen Weibe
wieder vereinigt.