Von den Patriziern und Plebejern.
117
Schreiber getötet, wurde ergriffen und vor Porsena geführt. Mutig gestand
er: „Ich wollte dich töten, Porsena; aber was mir nicht gelang, wird ein
anderer vollbringen; denn dreihundert römische Jünglinge haben sich gegen
dein Leben verschworen."
Der ergrimmte König drohte ihm mit dem Feuertode. Da lächelte
der Römer, hob seine rechte Hand, hielt sie über ein Feuerbecken und
ließ sie langsam verbrennen, ohne mit der Wimper zu zucken. „Sieh,
Porsena, wie wenig deine Drohung mich schreckt", sprach er gelassen.
Den König und alle, die um ihn waren, erfaßte ein Grausen bei
solchem Opfermute. Porsena ließ den Mucius ungestraft nach Rom zurück-
kehren und hielt es für das beste, die Belagerung aufzuheben. Er begnügte
sich mit einer Anzahl Geiseln und zog in sein Land zurück.
Die Römer ehrten den Mucius, der seine rechte Hand dem Vater-
lande geopfert hatte, durch den Beinamen Scävola, d. h. Linkhand.
Darnach versuchte Tarquinius noch ein anderes Nachbarvolk zum Tarquinius
Kampfe gegen Rom zu bewegen. Es wurde von den Römern geschlagen, vertriebener,
und der vertriebene Herrscher erlangte die Königsherrschaft nicht wieder.
6.
Von den Patriziern und Plebejern.
In Rom wohnten neben den Römern, deren Vorfahren schon in Die mächtigen
ältester Zeit römische Bürger gewesen waren, auch viele Nachkommen Patrizier,
unterworfener Völkerschaften. Die ersteren bekleideten die Ämter im Staate,
wurden Konsuln und Senatoren und genossen viele Rechte. Dazu be¬
saßen sie ausgedehnte Äcker und große Herden. Hochmütig blickten diese alt
eingesessenen Patrizier auf die rechtlosen Unterworfenen oder Plebejer Die bedrückten
herab. Diese hatten nur wenig Äcker und Vieh, ihnen wurden keinerlei Plebejer.
Ämter anvertraut. Zogen die Männer in den Krieg — und das geschah
in Rom sehr oft — so hatten die Armen niemanden, der daheim für sie
pflügte oder erntete, und kehrten sie heim, so herrschte da oft bittere Not.
Gegen hohe Zinsen lieh dann der Plebejer von dem hochmütigen Patrizier
Geld; konnte er es nicht zur rechten Zeit zurückerstatten, verlor er seine
Äcker; seine Kinder wurden als Sklaven verkauft, er selbst wurde aus-
gepeitscht und wanderte ins Gefängnis.
Da seufzten die Plebejer nach Erlösung. Wohl versprachen die
Patrizier, ihr Los zu bessern; doch hielten sie ihr Versprechen nicht.
*
In ihrer Not nahmen die Plebejer ihre geringe Habe und wanderten der
aus. Am Heiligen Berge bei Rom ließen sie sich nieder. Rom.