Full text: (Der biographische Unterricht) (Unterrichtsstufe 1)

von dem Jahre der Erbauung der Stadt Rom aus und sagten, dieses oder jenes 
Ereignis habe statt gefunden in dem und dem Jahre nach Roms Erbauung. 
Wir haben in unfern Geschichtsbüchern noch eine andere, die christliche Zeitrech- 
nung. Damit nun alles, was wir aus der Geschichte lernen, in ein richtiges 
Zeitverhältnis zu einander gesetzt werde, haben wir die griechische und die römische 
Zeitrechnung nach der unsrigen umgewandelt. Wir gehen von dem Jahre der 
Geburt Christi aus und rechnen für alles, was nach Christi Geburt geschehen ist, 
vorwärts und für das, was vor Christi Geburt geschehen ist, rückwärts, so dass 
also nach Christi Geburt das Jahr 30 früher als 31, während vor Christi Geburt 
das Jahr 30 später ist als das Jahr 31. Wir merken uns dies, damit wir 
wissen, welche von den Geschichten, die uns noch erzählt werden sollen, früher, und 
welche später geschehen ist. 
§. 7. Tie Orakel. Es ist oben erzählt worden, dass Krösus das Orakel 
zu Delphi über den Ausgang eines Krieges gegen Cyrus um Rat gefragt habe. 
Wir wollen sehen, was darunter zu verstehen ist. Der Sitz eines Orakels war 
ein Tempel, der in einem heiligen, dicht umschatteten Haine oder in einem dunkeln 
Thale stand. Gewöhnlich zeichneten sich solche Orte noch durch wunderbare Natur- 
erscheinungen aus, und häufig gaben diese die Veranlassung zur Errichtung eines 
Orakels, Wo aus der Erde betäubende Dämpfe hervorstiegen, oder wo es rau- 
chende Quellen gab, da glaubte man, offenbare sich das Wesen eines Gottes. 
Nicht selten geschah es, dass durch die Dämpfe der Herannahende in Verzückung 
versetzt wurde und unzusammenhängende Worte ausstieß. Diese wurden dann für 
den Willen Gottes gehalten. Solcher geheiligten Orte gab es in Griechenland 
mehrere, besonders zu Dodona in der Landschaft Epirus und zu Delphi auf 
einem Absätze des Berges Parnassns. Das Orakel zu Delphi soll von dem Gotte 
Apollo herrühren. Es wohnten dort viele Opferer, Wahrsager und Priester. 
Wenn geweissagt werden sollte, ging eine Priesterin, Pythia genannt, in das 
innere Heiligtum und setzte sich auf einen mit Lorbeerzweigen umflochtenen Dreifuß, 
der über der dampfenden Höhle stand. Sie geriet dann in Zuckungen und stieß 
abgebrochene Worte aus, welche von den Priestern gedeutet wurden. Das Orakel 
erteilte an bestimmten Tagen feine Aussprüche. Viele Menschen zogen dann da- 
hin und ließen sich weissagen. Wichtige Staatsangelegenheiten wurden nicht eher 
vorgenommen, als bis man das Orakel um Rat gefragt hatte. Man darf 
nicht sagen, dass die Neugierde die Menschen zu den Orakeln hintrieb, sondern 
eben so wie wir uns vor jeder wichtigen Handlung mit Gebet an Gott wenden, 
so wandten sich die Griechen an das Orakel. Die Orakel hingen mit den Re¬ 
ligionsansichten zusammen. Denn die Griechen glaubten, dass sich ihnen ihre 
Götter aus diese Weise offenbarten. Wir können uns daher leicht denken, dass die 
Orakel auf -die sittliche Bildung der Griechen einen großen Einfluss ausübten. 
Blutige Kriege wurden auf den Ausspruch des Orakels hin unterlassen und wilde 
Leidenschaften gezähmt. Indessen verloren zuletzt die Orakel ihr Ansehen dadurch, 
dass sie von habsüchtigen Priestern gemißbraucht wurden, welche für Geld und 
Geschenke die Aussprüche beuteten, wie man es haben wollte. Auch wurden die 
Antworten burch Kunstgriffe ber Priester, wenn sich btefe nicht zu helfen wußten, 
aweibeutig gegeben. 
Achilleus und Hektar. 
§. 8. Der trojanische Krieg. Troja war eine mächtige Stabt, bie 
an ber norbwestlichen Küste von Kleinasien lag. Da herrschte in uralter Zeit
	        
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