Full text: (Der biographische Unterricht) (Unterrichtsstufe 1)

— 49 — 
Werke zu kaufen. Das abergläubische Volk glaubte dergleichen, und so wurde bei 
Ablatzkram auf eine schamlose Weise getrieben. Anfangs setzte man Ablassjahre 
fest, später schickte man sogenannte Ablasskrämer umher, die für alle möglichen 
Sünden Ablajszettel verkauften. Tezel war einer der unverschämtesten. Er pflegte 
vor seiner Bude zu singen: „Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus 
dem Fegefeuer tn den Himmel springt." Ein solches Unwesen tonnte ber fromme 
Martin Luther nicht ertragen. Er predigte, als Tezel in der Gegend von Witten- 
berg Ablasszettel verkaufte, von der Kanzel gegen den Ablasskram und schlug an 
die Schlosskirche von Wittenberg 95 Sätze gegen den Ablasshandel, so dass sie 
jedermann lesen konnte. Das war am__3L Oktober 1517. Mit dieser Hand¬ 
lung beginnt in Deutschland die Reformation oder'Kirchenverbesserung. 
§• 64. Anfang der Reformation. Die 95 Sätze Luthers schrieb 
man ab und ließ sie drucken. So wurden sie schnell verbreitet. Viele, die den 
Leichtsinn und die Laster, welche in ber katholischen Kirche herrschten, wohl kannten, 
fteuten sich über ben kühnen Mann. Luther blieb aber babei nicht stehen. Er 
schrieb an ben Kurfürsten von Mainz, Albrecht, unb bat ihn, ben Ablasshandel 
einzustellen. Ebenso schrieb er sehr bescheiden und milde an den Papst Leo X 
Dieser verlangte sogleich, dass Lucher binnen 60 Tagen in Rom erscheinen und 
sich verantworten solle. Der Kurfürst von Sachsen aber hielt Luther in Ehren 
und bat den Papst, die Sache lieber in Deutschland abzumachen. Das geschah 
denn auch; Luther würbe auf ben Reichstag nach Auqsburq^518 beschicken, wo 
er seine Sätze vor dem päpstlichen Gesandten, dem Kardinal Kajetan, wider- 
rufen sollte. Der Kardinal verlangte unbedingten Widerruf. Luther bewies aus 
der heiligen Schrift, dass seine Behauptungen wahr seien. Kajetan kannte aber 
bte heilige Schrift zu wenig unb sagte, nachdem er lange gestritten, zu Luther : 
„Gehe hin und komme nicht wieber," unb zu feinen Freunden sagte er: „Ich 
mag nicht weiter bispntieren mit biefer Bestie; benn er hat gar tiefe Augen in 
feinem Kopse unb gefährliche List in seinem Herzen." Luther war in Augsburg 
vor fernen Feinben nicht sicher unb floh daher mit Hilft des Ratsherrn Lange- 
mantel nach Wittenberg zurück. Im folgenden Jahre hatte Luther eine ähnliche 
Disputation mit Dr. Eck aus Ingolstadt. Sie wurde in Leipzig 14 Tage ge¬ 
halten, und die Folge davon war, dass Tausende von Zuhörern zu Luther über- 
traten. Das erzürnte Dr. Eck so sehr, dass er in Rom eine Bannbulle qeqen 
Luther ausfertigen ließ. Eck kam selbst mit der Bulle nach Deutschland. In 
Leipzig aber trieben ihn die Studenten aus der Stadt. Darüber waren die An- 
Hänger des Papstes so ärgerlich, dass sie Luthers Schriften öffentlich verbrannten. 
Luther that darauf ähnliches. Er ging mit den Wittenberger Studenten vor das 
Elsterthor der Stadt und verbrannte die Bannbulle, indem er sagte: „Weil du 
den Heiligen des Herrn betrübet hast, so verzehre bich das eroiqe Feuer." Das 
geschah am_lflL-Xezem6er Jj>2Ü. 
ÖV §' 6v5"n-.?ut^cr *tt Worms und auf der Wartburg. Sehr viele 
Ritter unb Edle in Deutschland, die von Luther hörten, boten ihm ihren Schutz 
an Ganz besonders aber sorgte sein Kurfürst Friedrich der Weise für ihn. Um 
hefe Zeit wurde Karl V., der zwar kein Freund ber lutherischen Lehre war 
7- ?Crn ^JlrbtUn Deutschland haben wollte, zum beutschen Kaiser erwählt! 
Daher hielt er 1541 einen Reichstag zu Worms und berief Luther bahin. 
Wiewohl man biefen wegen feiner vielen katholischen Feinde warnte, nach Worms 
zu gehen, so sagte er boch: „Unb wenn sie zwischen Wittenberg unb Worms ein 
tfeuer anzündeten, das bis an den Himmel schlüge, so wollte ich doch hindurch, 
und wenn so viel Teufel in Worms wären, als Ziegel auf den Dächern, fo wollte 
Lange, Leitfaden. I. '
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.