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einen Holzstoß und zündeten diesen an. Da senkte sich eine Gewitter-
Wolke herab, Blitz und Donner umtobten den Scheiterhaufen, und als
das Unwetter vorüber war, durchsuchten die Freunde vergeblich die Asche
nach den Gebeinen des Helden — Zeus hatte seinen großen Sohn zu
sich auf den Olympus geholt.
Hier empfingen ihn die Götter mit großen Ehren, selbst Hera ge-
währte ihm Gnade; feierlich wurde er in den Kreis der unsterblichen
Götter aufgenommen und mit der jugendschönen Hebe vermählt. Auf
Erden aber ward er als Halbgott verehrt, in zahlreichen Städten baute
man ihm Tempel und opferte an seinen Altären, über denen sein Stand-
bild aufgestellt wurde.
II. Theseus.
A. Die Zugend des Theseus.
Der Vater des Theseus war Ägeus, der König von Athen.
Geboren wurde Theseus fern von Athen im Palast eines Königs, dessen
Tochter seine Mutter war. Als Ägeus von ihr Abschied nahm, führte
er sie zu einem großen Felsblock, den er über sein Schwert gewälzt hatte,
und sprach: „Erziehe uuseru Sohn fern von Athen und sage ihm nicht,
wer sein Vater ist! Ist er aber zum Jüngling herangewachsen und so
stark, daß er diesen Felsblock wegwälzen kann, dann sage ihm, daß sein
Vater der König von Athen ist, und schicke ihn zu mir!" Als nun
Theseus zu einem schönen, starken und heldenkühnen Jüngling heran-
gewachsen war, hatte er keinen andern Wunsch, als gleich dem Herkules
Abenteuer zu bestehen und Riesen und Ungeheuer zu erlegen. Da führte
ihn feine Mutter zu dem Felsblock, den er mit Leichtigkeit wegwälzte,
gab ihm das Schwert seines Vaters und entließ ihn mit den besten
Segenswünschen; denn er ließ sich nicht davon abhalten, seinen Vater in
Athen aufzusuchen.
Der Weg dahin war durch greuliche Riesen erschwert, die den
Wanderer überfielen und zu Tode marterten. Aber der kühne Theseus
besiegte und tötete sie. So erging es dem Fichtenbeuger Silnnis, der
die armen Wanderer an die Wipfel zweier niedergebogenen Fichten zu
binden pflegte; wenn er dann die Wipfel losließ, schnellten die Bäume
mächtig empor und zerrissen die Unglücklichen. Dieselbe schreckliche Todes-
art mußte nun Sinnis selbst erleiden. Auch den Ausrenker Prokrüstes
strafte er für seine Greueltaten. Dieser hatte zwei Bettstellen, eine sehr
kurze und eine sehr lange. Die Fremden, welche in seine Hände fielen,
legte er, wenn sie von kleiner Gestalt waren, in die große Bettstelle und
renkte dann ihre Glieder so lange aus, bis sie die Länge des Bettes
ausfüllten; unter dieser Marter gaben die Unglücklichen den Geist auf.