Full text: Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen

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mit Fahnen entgegen und brachte ihm einige Schüsseln Goldgulden und 
100 Pfund gediegenes Silber als Huldigungsgeschenk), so wurde er bald 
durch seine Leutseligkeit der Abgott des Volkes. Jeder kannte ihn und 
redete ihn mit dem traulichen „Du" an; jeder wußte Züge von seiner 
Milde und von seiner Kühnheit zu erzählen. In grauem oder grünem Jagd- 
kleide, den Filzhut mit umgeschlagener Krempe auf dem Kopfe, mit Steig¬ 
eisen, Armbrust und Jagdhorn versehen, durchwanderte er die Thctler wie 
die Gebirge des Landes, kenntlich an seinem echt Habsburgischen Gesicht mit 
der etwas herabhängenden Unterlippe. 
6. Nicht immer durfte sich Maximilian in dem ihm unendlich lieb 
gewordenen Lande aufhalten. Die Regierungsgeschäfte und viele Kriege gegen 
die Franzosen, Schweizer, Venetianer, Türken riefen ihn wieder ab, besonders 
seitdem er nach dem Tode des Vaters (1493) Beherrscher Deutschlands 
und aller Habsburgischen Länder geworden war. Unermüdlich zog er bald 
an die West-, bald an die Ostgrenze seines weiten Reiches. Aber er ent¬ 
warf zu viel Pläne und führte sie nicht stetig genug durch. So richtete er 
denn nicht so viel aus, als man ihm bei seinen Fähigkeiten zugetraut hätte. 
In Deutschland wurden unter ihm die Zustände nicht besser. Nur für die 
Erweiterung der Habsburgischen Hausmacht glückte ihm vieles. 
7. Gern erfreute er sich zur Erholung von den Sorgen und Mühen der 
Regierung an den Werken der Kunst, für die er Begabung und Verständnis 
besaß. Deshalb weilte er gern in der Reichsstadt Nürnberg, die damals den 
Mittelpunkt des geistigen Lebens in Deutschland bildete. Da lebte der be- 
rühmte Maler Albrecht Dürer, den der Kaiser wohl in seiner Werkstatt 
aufsuchte, um ihm allerhand Aufträge zu geben. 
So sollte der Künstler die Lebensgeschichte des Fürsten in Gestalt eines 
Triumphbogens behandeln. Man sieht auf dem Bilde den mittleren, auf 
Säulen ruhenden Teil eines Thores, auf dem sich, in 24 längliche Felder ein¬ 
geteilt, teils Kriegsscenen, teils Darstellungen aus dem Privatleben des 
Kaisers befinden. 
Gelungener noch ist ein ähnliches Werk: Triumphwagen. Der Kaiser 
sitzt mit Scepter und Palmen auf einem goldenen Wagen, an dem paarweise 
12 mutige Rosse angespannt sind. Über der Gestalt des Herrschers erhebt 
sich ein Thronhimmel mit der Inschrift: „Was im Himmel die Sonue, ist 
auf Erden der Kaiser." Hinter Maximilian kniet in flatterndem Gewände 
die Siegesgöttin, welche ihm einen Lorbeerkranz aufs Haupt setzt. Auf ihren 
Flügeln stehen die Namen der Völker, über welche der Kaiser gesiegt hat: 
Venetianer, Niederländer, Böhmen, Schweizer, Ungarn, Franzosen. An den 
Ecken des Wagens sind allerlei Göttinnen angebracht, welche die Tugenden des 
Herrschers bedeuten: sie umtanzen den Kaiser mit Kränzen, selbst zu einem 
Kranze verschlungen: Erfahrung, Geschicklichkeit, Hochherzigkeit, Kühnheit, Sanft- 
mnt, Milde. Freigebigkeit, Gerechtigkeit. Vor dem Fürsten sitzt als Wagenlenker 
die Vernunft, und sie zügelt die Rosse an den Leitseilen „Adel und Macht".
	        
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