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Zur rechten und zur linken,
Und lehnten sich an ihn.
Da rief der in der Mitten
Noch einmal: „Deutschland hoch!"
Und beide mit dem dritten
Riefen'», und lauter noch.
4. Da ging ein Todesengel
Im Kampfgewühl vorbei
Mit einem Palmenstengel
Und liegen sah die drei.
Er sah auf ihrem Munde
Die Spur des Wortes noch,
Wie sie im Todesbunde
Gerufen: „Deutschland hoch!"
Da schlug er seine Flügel
Um alle drei zugleich
Und trug zum höchsten Hügel
Sie auf in Gottes Reich !
Friedrich Rückert.
Gesammelte poetische Werke in 12 Bänden 1882. Bd. I. S. 12» f.
V M
81. Unsere Mainbrücke.
1. Das war zu Wörth der heiße Tag,
Als wir die Blutschlacht schlugen;
Wie krachte von ihrem Donnerschlag
Das Kaiserreich aus den Fugen!
Das war zu Wörth der heiße Tag —
Die Höhen waren erstürmet,
Auf blutiger, glühender Heide lag
Des Todes Saat getürmet.
2. Und drunten im Grund, am einsamen Tann,
Wo rot die Wellen heut' rauschen,
Da hob sich empor ein gefallener Mann,
Den Donnern des Sieges zu lauschen.
Und neben ihm hob sich ein andrer empor.
Die Rechte gepreßt auf die Wunde;
Mit brennendem Aug' und mit lechzendem Ohr
Einsaugt er die jubelnde Kunde.
3. Der erste ein Preuße vom nordischen Strand,
Vom bayrischen Hochland der zweite.
Sie waren gefallen ant waldigen Rand,
Da lagen sie Seite an Seite.
„Viktoria!" klang's — mit flüchtigem Rot
Aufs neue die Wangen sich färben:
„Willkoinmen nun, heiliger Schlachtentod I
Das nenn' ich ein seliges Sterben!
4. Gerächt, gerettet das Vaterland,
Der Räuber zu Boden gerungen!"
2. Und als die drei einst wieder
Standen im Kampf vereint,
Da warf in ihre Glieder
Kartätschensaat der Feind.
Da fielen alle dreie
Aus einen Schlag zugleich;
Der eine rief mit Schreie:
„Hoch lebe Österreich I"
Der andre, sich entfärbend,
Ries: „Preußen lebe hoch!"
Der dritte, ruhig sterbend,
Was rief der dritte doch?
3. Er rief: „Deutschland soll leben!"
Da hörten es die zwei,
Wie rechts und links daneben
Sie sanken nah' dabei;
Da richteten im Sinken
Sich beide nach ihm hin,
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