486 Buch VII. Asien.
Noch schwieriger sind die Passagen nach Süden, woraus sich die Ab-
geschlossenst Armeniens gerade nach dieser Seite hin erklärt, die uns
in der Geschichte dieses Landes seit den ältesten Zeiten entgegentritt.
Lebhafter war von jeher die Verbindung mit dem Westen, wo die Grenze
zwischen Kleinasien und Armenien immer bedeutend geschwankt hat.
Die innern Flächen Kleinasiens') sind ungleich ebener als die
armenischen und zum großen Theil reines Steppenland mit salzigem
Boden, daher zur Schafzucht besonders geeignet, die hier in ähnlicher
Ausdehnung wie in Spanien betrieben wird. Dazwischen bilden wieder
die reichbewässerten Strecken, wie z. 33. in Phrygien, fruchtbare Gefilde.
Das östliche Plateau kann als das Becken des Kysyl Jrmak oder
des H aly s bezeichnet werden, im Mittel 1000—1200m hoch (Siwas
am obern Halys 1250'", Kaisarie 1100™). Im Süden von Kai-
sarie erhebt sich als isolierter Vulkankegel der Erdschias (Ar-
gäns d. A.) bis zu 3841™ aus der Ebene. Der Halys selbst,
welcher sie im großen Bogen durchfließt — seine Quelle ist von der
Mündung nur 35 M., 260 Kil., in der Lustlinie entfernt, während
er selbst fast viermal so lang ist —, ist ein echter Plateaustrom, für
den Verkehr trotz feiner Größe ohne Bedeutung. In Katarakten durch-
bricht er die nördlichen Gebirge, so daß sein Thal so wenig wie das
der benachbarten Flüsse einen bequemen Zugang von der Küste des
Schwarzen Meeres zum Hochland gewährt. Ihre Mündungen entbehren
daher seit alten Zeiten jeder bedeutendem Hafenstadt. — Im Westen des
Halys breitet sich das centrale, kleinasiatische Becken aus zwischen
Angora (40° N. Br., 1080™) und dem eilicischen Taurus im
Süden. Den mittleren Theil desselben nimmt eine öde Salzwüste ein,
deren Gewässer sich dem großen Salzsee Tüs-Tschöllü (850™) zu-
wenden. Auch innerhalb des mannigfacher gestalteten Westrandes des
Beckens zeigen sich ähnliche abflußlose Gebiete mit Salzseebildung.
Den nördlichen Theil entwässert in mächtigem Zickzacklauf die Sakaria
(Sangarius d. A.), die noch dem Schwarzen Meere zufließt.
Wie in allen Steppengebieten, so sind auch in Kleinasien die Karawanen
durch Jahrhunderte hindurch in denselben Bahnen gegangen. Im Alterthum
hatten diejenigen die größte Bedeutung, welche die Westküste der Halbinsel
mit Mesopotamien verbanden, wie die alte persische Königsstraße, die von
') Kleinasten pflegt in unfern Handatlanten meist schon in einem Maaßstab
von 1:3 bis 4 Mill. dargestellt zu werden. Mehr Detail gibt Kieperts Karte zu
Tschichatscheffs Reisen, Geogr. Mittb. 1867, Ergänzungshest 20, 1:2.000000. Ein
anschauliches Bild der allgemeinen Oberflächengestaltung liefert Petermann's Höhen-
schichtenkarte von Kleinasten, 1:3.700000, Geogr. Mitth. 1875, Tas. 13, Isohypsen
von 500, 1000, 2000, 3000, 4000 m. Im einzelnen ist dieselbe nicht ohne Vorsicht
zu gebrauchen, da für einige Gegenden doch schon besseres Material vorliegt. Wir
erinnern gleich hier an die Litteratur der zahlreichen archäologischen Reisen, deren
Ergebnisse häufig zu trefflich ausgeführten Kartenskizzen Veranlassung gegeben haben.
Auch die Karten eines Atlas antiquus wird man mit Sortheil einsehen können.
Vor allem wird man der Kenntnis der Lage und Ausdehnung der alten Landschasts-,
resp. Provinznamen nicht entrathen können, weil dieselben von den meisten Schrift-
stellern den heutigen türkischen Provinznamen in ihrer so häufig wechselnden Grenze
vorgezogen werden.