Full text: Griechische und römische Sagen und Erzählungen, Deutsche Sagen, Lebensbilder aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte (Teil 1)

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I. Griechische und Römische Sagen und Erzählungen. 
so gewannen jetzt die Volsker. Dicht vor den Toren Roms lagerte 
das feindliche Heer und verwüstete die Felder. 
Da er absichtlich nur die Felder der Plebejer verwüsten ließ, so 
glaubten diese, Koriolan sei mit den Patriziern im Einverständnis. Der 
Senat versuchte mit Koriolan Frieden zu schließen. Zuerst ging eine 
Gesandtschaft von Senatoren zu ihm heraus. Er empfing sie nicht. Dann 
die Priefterfchaft, er ließ sie nicht vor. Endlich entschlossen sich die 
römischen Frauen, an ihrer Spitze seine ehrwürdige Mutter und seine 
Gattin mit seinen Kindern, die er bei seiner Verbannung in Rom zurück- 
gelassen hatte, zu ihm zu gehen. Als ihm gemeldet wurde, römische 
Frauen nahten sich, wollte er auch von diesen nichts wissen, als er aber 
hörte, Mutter, Gattin, Kinder sind dabei, da siegte die Sehnsucht. Er 
selbst ging ihnen entgegen. Als er seine Mutter umarmen wollte, da 
wies sie ihn zurück. „Weiß ich doch nicht, ob du als Feind deines 
Vaterlandes oder als mein Sohn kommst!" Als nun die Frauen, darunter 
seine eigene, sich ihm zu Füßen warfen, da brach sein harter Sinn, er 
sank seiner Mutter in die Arme und sagte: „Mutter, deinen Sohn hast 
du verloren, Rom gerettet." 
Das Heer der Volsker zog sich zurück, ihm selbst blieb aber die 
Rückkehr verschlossen, und er mußte bis an sein Lebensende in der Ver- 
bannung bleiben. 
8. Kamillus. 
Ungefähr um das Jahr 400 vor Christi Geburt führten die Römer 
einen zehn Jahre lang dauernden Krieg mit der mächtigen Stadt Veji. 
Sie besiegten und eroberten diese erst, als sie Kamillus zu ihrem An- 
führer gemacht hatten. Weil die Mauern der Stadt so hoch und fest 
waren, daß sie nicht erstürmt werden konnten, ließ Kamillus einen unter¬ 
irdischen Gang vom Lager bis unter den größten Tempel der Stadt 
graben. Als er fertig war, wurde die Stadt von außen angegriffen. 
Während die Vejenter tapfer auf den Mauern kämpften, brachte 
der König der Vejenter im Tempel den Göttern ein Opfer dar. Der 
Priester sagte, dem ist der Sieg beschieden, der die Eingeweide dieses 
Tieres den Göttern darbringt. Da öffnet sich der Boden, bewaffnete 
Feinde erscheinen, rauben das Opfer und verjagen die entsetzten Vejenter. 
Veji wurde erobert, und die Römer machten große Beute. Auch die 
Götterbilder wurden nach Rom geführt. Die Schutzgöttin der Stadt Veji 
war Juno, die Gemahlin des Götterkönigs Jupiter. Die vornehmsten
	        
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