Lebensbilder aus der vaterländischen Geschichte 
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kamen die Kreuzfahrer an einen Fluß, der zur Frühlingszeit stark ange- 
schwollen mar. Oer Kaiser hatte ihn glücklich durchritten, ertrank aber 
in seinen Fluten, als er abends ein Bad nahm. Ein zweiter Moses, hatte 
er sein Heer durch Steppen und Wüsten bis an die Grenzen des gelobten 
Landes geführt, da fand der 70 jährige fein Grab in den Wellen. (Eine 
unsagbare Trauer erhob sich im ganzen Abendlande. Man wollte nicht 
glauben, daß der Kaiser tot sei, und noch in später Zeit, als das deutsche 
Reich zerrissen war und aus tausend Wundert blutete, erzählte man, er sei 
gar nicht gestorben, sondern werde einst wiederkommen, um des Reiches 
Herrlichkeit von neuem aufzurichten. 
§ 6. Rudolf von Habsburg. Nach dem Untergange der Hohenstaufen 
brach für Deutschland „die kaiserlose, die schreckliche Zeit" an, in der das Böhmens 
Reich ohne Oberhaupt war. Niemand schützte die Schwachen gegen die 
Gewalttaten der Mächtigen; wer die stärkste Saust hatte, war im Recht, 
Raub und Mord blieben ungestraft. Alle sehnten sich daher nach einem 
kraftvollen Oberhaupt, und so wählten die Fürsten auf Betreiben eines 
hohenzollem, des Burggrafen Friedrich von Nürnberg, den Grafen von Habs- 
bürg zum deutschen König. „Nun sei", frohlockte man, als die Kunde 
von dieser Wahl sich im Lande verbreitete, „nach langem Elend und harter 
Not der Erlöser gekommen, nach langer Sünde und schwerer Strafe sei 
die neue Sonne aufgegangen, möge der König leben ewiglich, ein Dater 
und Hirt des bedrängten Dolkes!" Nur Gttokar, der stolze König von 
Böhmen, weigerte sich, den neuen Herrscher anzuerkennen, wich allen 
Aufforderungen Rudolfs aus und trotzte feinen Befehlen. Da griff Rudolf 
zum Schwerte und zog mit Heeresmacht gegen den Widerspenstigen. 
Gttokar verlor den ITtut und unterwarf sich. Doch diese Demütigung 
ertrug er nicht lange, zumal er durch die Spöttereien seiner herrschsüchtigen 
Gemahlin gereizt wurde, höhnend sagte diese, er habe den deutschen König 
wie ein Hund aus der Ferne angebellt und in der Nähe angewedelt, er 
habe es wie ein Maultier gemacht, das aus der Ferne sich gegen den Wolf 
aufbäumt und ausschlägt, sich dann aber ohne Widerstand von ihm zer¬ 
reißen läßt. So empörte sich Gttokar von neuem. Auf dem March¬ 
felde, unweit Wien, kam es zu einer entscheidenden Schlacht. Auf beiden 
Seiten wurde mit Erbitterung gekämpft. Rudolf, der trotz seiner 60 Jahre 
mit im Handgemenge focht, kam in Lebensgefahr. Ein polnischer Ritter 
drang mit Ungestüm auf ihn ein, stach sein Pferd nieder und hätte 
Rudolf selbst getötet, wenn dieser sich nicht mit seinem Schilde so lange 
gedeckt hätte, bis ihm die Seinen zu Hilfe eilen konnten. Lange wogte die 
Schlacht hin und her. Als endlich ein Teil des böhmischen Heeres die 
Flucht ergriff, ließen die übrigen den Mut sinken. Gttokar suchte mit 
wenigen Getreuen das freie Feld zu gewinnen, wurde aber eingeholt 
und vom Pferde geworfen. Der eine feiner Derfolger stieß ihm das Schwert 
Lehrbuch 6er Geschichte. Sexta. 2
	        
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