— 17 —
feindlichen Brüder, bestattete gegen das Verbot des Königs die Leiche
des Polhnices, der im Kampf gegen die Vaterstadt gefallen war,
und büßte diese Tat der Liebe, die sie im Gehorsam gegen die un-
geschriebenen Gesetze gewagt hatte, mit dem Tode. Sie ist die Heldin
von Dramen des Äschhlus und Sophokles.
2. Der thessalische Held Jason wird von feinem feindseligen
Oheim, der ihm das väterliche Erbe nicht geben will, zu dem gesahr-
vollen Unternehmen ausgeschickt, das goldene Vlies aus dem Sonnen-
land Kolchis zu holen. Der Widder, dem dieses Fell gehörte, hatte
einst die Kinder des Königs Athamas, Phrixus und Helle, nach dem
Sonnenland getragen; Helle war unterwegs heruntergefallen und
in dem Meeresteil ertrunken, der nach ihr Hellespont hieß (jetzt
Straße der Dardanellen). Die auserlesensten Helden, Herakles,
Theseus, der Sänger Orpheus und manche andere, fanden sich zu
dem Zug zusammen, der auf dem Wunderschiff Argo (Argonauten
— Argofchiffer) unternommen wurde. Unter mancherlei Abenteuern
wurde das Ziel erreicht. Die Forderungen des Königs Äetes erfüllte
Jason mit Hilfe der Medea, der zauberkundigen Tochter des Königs:
er spannt die feuerschnaubenden Stiere an den Pflug, sät die Drachen-
zähne in das umgepflügte Feld und läßt die aufwachsenden ge-
harnischten Männer sich gegenseitig erschlagen, indem er durch einen
in ihre Mitte geworfenen Stein sie zum Kampfe miteinander reizt.
Durch ein Zaubermittel der Medea schläfert er den bewachenden
Drachen ein, raubt das Vlies und fährt mit Medea davon.
3. Der Anlaß des trojanischen Krieges, als dessen Zeit die
Griechen die Jahre 1194—1184 berechneten, war die Entführung
der schönen Helena, der Gemahlin des Königs Menelans von Sparta,
durch Paris, den Sohn des Königs Priamus von Troja. Die Helden
Griechenlands scharten sich darauf zusammen, die schnöde Verletzung
von Ehre und Gastrecht zu rächen: Agamemnon von Mhcene in
Argolis, des Menelans Bruder, ist der Führer; Diomedes von Ar-
gos, der schlaue Odhsseus von Jthaka, der mehr tapfere als kluge
Ajax von Salamis, vor allem der erste aller Helden Achilleus mit
seinem Freunde Patroklus schlössen sich an. In Aulls hindert
Artemis, die dem Agamemnon zürnt, durch widrige Winde die Ab-
sahrt. Der König entschließt sich, die Göttin durch die Opferung
seiner Tochter Jphigenia zu versöhnen. Schon zückte der Priester
das Messer, da entrückte sie die nun versöhnte Göttin in einer Wolke
den Augen des Heers und brachte sie nach dem rauhen Tauris,
wo sie als Priesterin der Göttin dienen sollte. Eine Hirschkuh bot
sich an ihrer Statt zum Opfer dar. Die Fahrt nach Troja konnte
nun angetreten werden. — Zehn Jahre währt der Kampf. Tapferen
Widerstand leisten die Troer, unter deren Helden Hektor, der Sohn
des Priamus, voranleuchtet. Die Einnahme der festen Stadt will
nicht gelingen. Ja, als Achilleus im zehnten Jahre des Kampfes,
von Agamemnon gekränkt, sich vom Kampse ganz zurückzieht, dringen
die Troer unter Hektor sogar bis ins Schifflager vor. Achilleus
versagt auch jetzt die Hilfe. Erst als sein Freund Patroklus, der
in des Achilleus Rüstung die Troer zurücktreibt, von Hektors Lanze
fiel, kehrte er racheschnaubend in den Kampf zurück und erschlug
Frohnmeyer, Leitfaden. 7, Aufl. 2