Full text: Rheinische Sagen nach pädagogischen Gesichtspunkten

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Zauberin?“ riefen die Schiffer. Der Jüngling hatte sie 
aber bereits erblickt, wie sie am Abhange des Felsen¬ 
berges sass und einen Kranz für ihre goldenen Locken 
band. Jetzt vernahm er auch den Klang ihrer Stimme. 
Er nötigte die Schiffer, an das felsige Ufer zu fahren; 
dann sprang er aus dem Nachen, um zu der Jungfrau 
hinaufzueilen. Aber er hatte den Sprung zu kurz 
genommen und versank in dem Strome, dessen 
schäumende Wogen schauerlich über ihm zusammen¬ 
schlugen. 
Die Nachricht von dieser traurigen Begebenheit 
kam schnell zu den Ohren des Pfalzgrafen. Schmerz 
und Wut zerrissen die Seele des armen Vaters. Er 
erteilte auf der Stelle den strengen Befehl, ihm die 
Unholdin tot oder lebendig zu überliefern. Einer seiner 
Hauptleute übernahm es, den Willen des Pfalzgrafen 
zu vollziehen. Doch bat er es sich aus, dass er die 
Hexe ohne weiteres in den Rhein stürzen dürfe, damit 
sie sich nicht vielleicht durch lose Künste wieder aus 
Kerker und Banden befreie. Der Pfalzgraf war damit 
zufrieden. Nun zog der Hauptmann gegen Abend 
aus und umstellte mit seinen Reisigen den Berg. Er 
selbst nahm drei der Beherztesten aus seiner Schar 
und stieg die Lurlei hinan. Die Jungfrau sass oben 
auf der Spitze und hielt eine Schnur von Bernstein in 
ihrer lilienweissen Hand. Sie sah die Männer heran¬ 
kommen und rief ihnen zu, was sie hier suchten. 
„Dich, Zauberin!“ antwortete der Hauptmann, „du 
sollst einen Sprung in den Rhein hinunter machen.“ 
„Eiu, sagte die Jungfrau lachend, „der Rhein mag 
mich holen!“ Bei diesen Worten wart sie die Bern-
	        
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