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23. Friedrich I. 1688—1713.
a. Wie Preußen ein Königreich ward.
1. Streben nach der Königskrone. Der große Kurfürst hatte Branden¬
burg zum mächtigsten Staate Deutschlands erhoben. Er besaß ein großes, schlag¬
fertiges Heer, und sein Land war größer als manches Königreich. Sein Sohn
und Nachfolger wollte nun seinem Staate auch noch den äußern Glanz verleihen
und strebte daher nach der Königskrone. In diesem Streben wurde er auch
durch seine Prachtliebe bestärkt; denn in jener Zeit gaben alle Fürsten viel auf
äußern Glanz. Er wollte aber die Königskrone nicht ohne die Einwilligung des
Kaisers tragen. Lange verhandelte er mit ihm; endlich gab der Kaiser seine
Zustimmung, daß er sich zum Könige „in Preußen" krönen lassen könne, wenn
er ihm in dem Kriege, der ihm wegen der spanischen Erbfolge bevorstand,
10 000 Mann Hilfstruppeu stellen wolle. Friedrich willigte ein.
2. Vorbereitung zur Krönungsfeierlichkeit. Bald darauf begab sich
Friedrich mit seiner Gemahlin nach Königsberg, um sich dort krönen zulassen.
Drei Kompagnien Garde, 100 Mann Schweizergarde und sein ganzer Hofstaat
begleiteten ihn. Das war ein gewaltiger Zug! Außer den Pferden aus dem
kurfürstlichen Marstalle waren noch 30 000 Vorspannpferde nötig, um die Wagen
nach Königsberg zu schaffen. Nach 12 Tagen kam man dort an. Drei Tage vor
der Krönung fand in Königsberg ein glänzender Umzug statt. Durch die Straßen
ritten vier Herolde, vor und hinter ihnen je eine Abteilung Dragoner. 24 Trom¬
peter und zwei Pauker machten Musik. An fünf Stellen hielt der Zug, und
dann las der erste Herold jedesmal die Bekanntmachung vor, daß das Herzogtum
Preußen jetzt zu einem Königreiche erhoben sei.
3. Krönung. Am 18. Januar 1701 fand die Krönung im Schlosse mit
großer Pracht statt. Am Tage vorher stiftete Friedrich den „schwarzen Adler¬
orden". Das ist noch heute der höchste Orden im preußischen Staate. Das
Ordenszeichen (ein silberner Stern sowie ein blaues Kreuz an einem orangefar¬
benen Bande) enthält die Inschrift: „Jedem das Seine."
Bei der Krönung trug Friedrich einen Purpurmantel, der von einer Spange
mit drei Diamanten zusammengehalten wurde, die eine Tonne Goldes wert war.
Sein Gewand war mit diamantenen Knöpfen besetzt, von denen jeder an 40 000
Mark kostete. Das Kleid der Königin bestand aus Goldstoff; die Nähte waren
mit Diamanten besetzt. Vorn auf dem Brustteil strahlten ebenfalls Diamanten,
und rechts leuchtete ein Strauß von Perlen, der mehrere Millionen kostete.
Im Krönungssaale war ein prachtvoller Thronhimmel errichtet, darunter standen
zwei silberne Sessel und seitwärts zwei silberne Tische, auf denen für den
König und die Königin je eine Krone, ein Zepter und ein Reichsapfel
lagen. Der König setzte sich die Krone selbst aufs Haupt, nahm das Zepter
in die rechte und den Reichsapfel in die linke Hand und ließ sich von allen
Anwesenden den Eid der Treue schwören. (Huldigungseid.) Dann erschien die
Königin. Der König setzte ihr ebenfalls die Krone auf und führte sie zum
Throne, damit auch sie die Huldigung empfinge. Hierauf ging's in feierlichem
Zuge zur Kirche. Der Weg dahin war mit rotem Tuche belegt. Zu beiden
Seiten des Weges hatten Soldaten Aufstellung genommen. Der König und die
Königin gingen je unter einem prachtvollen Thronhimmel, der von Edelleuten
getragen wurde. An der Kirche wurden sie von zwei Bischöfen mit Segensspruch
empfangen. Vor dem Altare waren zwei Throne errichtet. Dort ließen sich der