Full text: Kleine Lebensbilder berühmter Männer für den geschichtlichen Unterricht

sie hier so lange zurückgehalten, bis alle Vorräte, die man aus dem Schiffe 
hatte, verzehrt waren, und die Gefährten des Odysseus sich an den Rindern 
des Helios vergriffen, obwohl sie geschworen hatten dies nicht zu thuu. 
Dafür traf die Übelthäter die Strafe des Zeus, indem alle auf dem Meere 
umkamen. Odysseus allein gelangte zur^Jnsel der Nymphe Kalypso, nach- 
dem er neun Tage lang auf dem Meere herumgetrieben worden war. 
Kalypso hielt ihn sieben Jahre lang gegen seinen Willen fest und ließ sich 
erst durch einen Befehl der Götter bewegen ihn zu entlassen. 
Siebzehn Tage fuhr er nun auf einem selbstgefertigten Floße auf dem 
Meere, bis er die Insel der Phaiaken, Scheria, erblickte und schon glaubte 
dort landen zu können, als Poseidon ihn bemerkte und eingedenk der Bitten 
seines Sohnes Polyphemos einen schrecklichen Sturm erregte, der des 
Odysseus Floß zerbrach und ihn dem Tode nahe brachte. Da erschien ihm in 
der höchsten Todesnot die Meergöttin Leukothea und gab ihm ihre Stirn- 
binde. Diese schlitzte ihn vor dem Ertrinken, und er wurde nun an die 
Insel der Phaiaken getrieben, nachdem er alles bis auf das nackte Leben 
verloren hatte. Dennoch fand er hier freundliche Aufnahme, und als er 
seinen abgematteten Körper bei den unaufhörlich schmausenden und zechenden 
Phaiaken gestärkt und seine mannigfaltigen Schicksale erzählt hatte, sandten 
ihn diese, die wie kein anderes Volk der Schiffahrt kundig waren, auf 
einem Schiffe nach der Heimat. Sie entließen ihn nicht, ohne ihn reich 
beschenkt zu haben, und da Odysseus, als man an Jthakas Küste landete, 
schlief, so legten ihn die Phaiaken schlafend mit allen seinen Schätzen am 
Ufer nieder. 
§ 14. 
C. Venelope und HeleINachos. 
Da Odysseus nach der Zerstörmlg Trojas noch immer nicht in die 
Heimat zurückkam, obgleich die meisten Helden, die nicht 'gefallen waren, 
zurückgekehrt waren, so glaubte man, Odysseus, über dessen Verbleiben nie- 
mand von den Heimgekehrten etwas zu sagen wußte, habe irgendwo seinen 
Tod gefunden. Eine Anzahl junger Fürsten aus dem Reiche des Odysseus, 
welches sich über Jthaka und mehrere benachbarte Inseln erstreckte, kamen 
deshalb zum Palaste des abwesenden Herrschers in der Absicht, seine Gattin 
Penelope, ein Muster der Treue und jeglicher häuslichen Tugend, zu 
bewegen, daß sie einen von ihnen zum Gatten wähle und so zum Nach- 
folger des Odysseus in der Herrscherwürde mache. Penelope aber glaubte 
nicht an den Tod ihres lieben Gatten, und ihre Liebe und Treue waren 
zu groß, als daß sie den Gedanken hätte fassen können, sich mit einem 
andern Manne zu vermählen. Da sie sich nun standhaft weigerte das 
Verlangen der jungen Fürsten zu erfüllen, so wurden diese von Tag zu
	        
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