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nach dem schönen, wohlerhaltenen Veji überzusiedeln. Aber Camillas,
wolcher erkannte, wie wichtig es sei, daß Rom auf der alten Stelle aus
der Asche neu erstehe, widersetzte sich jener Absicht seiner Mitbürger mit
aller Macht. Man fing rüstig an zu bauen, und bald erhob sich die neue
Stadt aus den Trümmern, und nun freute man sich dem Camillns gefolgt
zu sein. Aus Dankbarkeit nannte man ihn auch den zweiten Romulus,
den Retter und Vater des Vaterlandes. Camillus lebte noch viele Jahre
hochgeehrt in seiner Vaterstadt.
§ 45. Pyrrhus, König von Epirus.
Als der Streit der Plebejer mit den Patriciern um Gleichstellung im
Staate beendet worden war, fingen die Römer an ihre Nachbarn zu
bekriegen und ihrer Herrschaft zu unterwerfen. Nach der Besiegung
der mächtigen Samniter schien niemand ihren Waffen widerstehen zu
können. Als daher die reiche Handelsstadt Tarentnm mit den Römern
in Streit geriet, rief man aus Furcht vor den Römern den König Pyr-
rhus von Epirus, einen der tüchtigsten Feldherrn seiner Zeit, mit einem
starken Heere zu ihrem Schutze herbei. Denn bei ihrem großen Reichtum
hatten die Tarentianer sich einem weichlichen Leben hingegeben und alle
Tapferkeit eingebüßt, und deshalb sollte Pyrrhus an ihrer statt mit den Römern
kämpfen und sie schützen. Dem Pyrrhus kam der Ruf derselben sehr erwünscht.
Denn er hatte sich Alexander den Großen zum Vorbilde erwählt und den
Plan gefaßt ein großes Reich zu gründen, welches außer seinem eigenen
Reiche noch den südlichen Teil Italiens und Sicilien umfassen sollte. Er
schiffte sich deshalb bald mit dem Kerne seines Heeres, mehr als 25 000
Mann, nach Tarent ein.
Für die Römer, die bisher nur mit Völkern Krieg geführt, die zwar
tapfer, aber mehr oder weniger im Kriege unerfahren waren, mußte Pyrrhus
mit seinem in der macedonischen Kriegskunst wohlgeübten, unwiderstehlichen
Heere ein furchtbarer Feind sein. Aber sie verloren den Mut nicht.
In Tarent selbst führte Pyrrhus eine den weichlichen Tarentinern
wenig willkommene Zucht ein. Alle jungen Leute, die tauglich waren,
wurden zu Soldaten gemacht und anhaltend in den Waffen geübt. Das
hatten die nur an Wohlleben gewöhnten Tarentiner nicht erwartet. Pyr-
rhus rückte, als die Römer seine Friedens-Vermittlung zurückgewiesen hatten,
gegen sie vor. Sie zogen ihm kühn entgegen, und bei Heraclea in Lnkanien
kam es zur ersten Schlacht. Dieselbe blieb lange unentschieden. Die
Römer fochten mit ungestümer Tapferkeit gegen die feinere Kriegskunst
des Macedoniers und hätten vielleicht den Sieg errungen, wenn Pyrrhus
nicht seine Elephanten in den Kampf geführt hätte. Diese gewaltigen Tiere,
die hölzerne, mit Streitern besetzte Türme auf dem Rücken trugen, waren