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Turnier. In grünem oder grauem Jagdkleide, den Filzhut aus dem Kopfe,
mit Armbrust und Speer bewaffnet, schweifte er in Berg und Wald umher
und scheute auch nicht den gefährlichen Kampf mit Bären und Wild-
schwebten. Einmal verfolgte er in den Tiroler Bergen eine Gemse so
eisrig auf die höchsten Felsenspitzen, daß er plötzlich vor einer steil ab-
fallenden Felswand stand und nicht vor- und rückwärts konnte. Drei
Tage lang schmachtete er da oben und war dem Tode nahe, als er durch
einen jungen kühnen Tiroler gerettet wurde. Einst wurde zu Worms ein
Turnier gehalten, auf dem ein Franzose von riesenhafter Gestalt die
deutschen Ritter zum Zweikampf herausforderte. Keiner wagte es, sich mit
dem Riesen einzulassen. Da erschien in glänzender Rüstung und mit ge-
schlossenem Visier ein Ritter, der nach kurzem Kampfe den Franzosen in
den Sand streckte, daß er für tot fortgetragen wurde. Und alles Volk
war freudig erstaunt, als der Ritter das Visier aufschlug, und man in
ihm den Kaisersohn Maximilian erkannte.
Maximilians Regierung. — Als Maximilian zur Regierung
gelangt war, war es seine erste Sorge, das Faustrecht abzuschaffen. Deshalb
verordnete er einen ewigen Landfrieden. Jeder, der durch Fehden den
Landfrieden brach, follte mit der Reichsacht und anderen Strafen belegt
werden. Sollte aber der Friede von Dauer sein, so mußte man einen
höchsten Gerichtshof haben, der in allen Streitigkeiten entscheiden sollte.
Deshalb wurde das Reichskammergericht eingesetzt, dessen Sitz anfangs
in Frankfurt a. M. und zuletzt in Wetzlar war. Um aber Ruhe und
Ordnung besser im Lande aufrecht halten zu können, teilte Maximilian
Deutschland in zehn Kreise. An der Spitze jedes Kreises stand ein Kreis-
Hauptmann, dem eine bewaffnete Macht zur Seite stand, um den Ent-
scheidungen des Reichskammergerichts Achtung zu verschaffen. Große Ver-
dienste erwarb sich Maximilian durch Einführung des Postwesens. Wollte
man vor ihm einen Brief, ein Paket oder Geld versenden, so mußte
man sich dazu in den meisten Fällen einen besondern Boten mieten, was
sehr teuer war. Maximilian führte zuerst eine regelmäßige Post zwischen
Wien und Brüssel ein. Bald fuhren kaiserliche Postillone regelmäßige
Postwagen zwischen den größeren deutschen Städten und beförderten
Personen und Waren. Die Preise waren bedeutend niedriger als vor
Maximilian, freilich noch viel höher als heutzutage.
Maximilian war auch ein hochgebildeter Herrscher. Er sprach außer
der deutschen Muttersprache noch das Lateinische, Italienische, Französische
Englische und Böhmische. Von den Künsten liebte und schützte er besonders
die Dichtkunst und Malerei. Die Dichtkunst übte er selber aus, und den
berühmten Nürnberger Maler Albrecht Dürer besuchte er öfters in seiner
Jöris, Erzählungen für den ersten Geschichtsunterricht. Ausgabe B. 4