Full text: Geschichte des preußischen Staates

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gesellten. Alle Kinder des Königs kamen nach Berlin, um den ge¬ 
liebten Vater noch einmal zu sehen. Auch der Kaiser Nikolaus von 
Rußland besuchte den hohen Kranken. Tief betrauert von seinem 
Volke, verschied der edle König am 7. Juni 1840. Seine letzte Ruhe¬ 
stätte fand er seinen: Wunsche gemäß im Mausoleum zu Charlotten¬ 
burg an der Seite feiner unvergeßlichen Gemahlin, der Königin Luise. 
Die Königin Luise. 
Jugend. Zur Zeit der tiefsten Erniedrigung war unserm Vater¬ 
lande das Glück beschiedeu, eine der ausgezeichnetsten Frauen seine 
Fürstin nennen zu können, die Königin Luise, die Gemahlin Friedrich 
Wilhelms III. 
Luise wurde am 10. März 1776 als Tochter des Herzogs Karl 
Ludwig vou Meckleuburg-Strelitz zu Hannover geboren, wo ihr 
Vater damals als Feldmarschall in hannoverschen Diensten stand. 
Erst später folgte er seinem Bruder in der Regierung des Gro߬ 
herzogtums. In ihrem sechsten Lebensjahre verlor Luise bereits ihre 
Mutter, die eine Tochter des Großherzogs von Heffen-Darmstadt war. 
Zwar erhielt sie in der Schwester der Verstorbenen eine zweite Mutter; 
doch auch diese starb schon nach einem Jahre. Der unglückliche Vater 
ging uach Darmstadt, um hier die Kinder unter den Schutz der Gro߬ 
mutter zu stellen. Von ihr und einer wohlgesinnten Schweizern: 
wurde Lnise zwar einfach, aber doch in allem unterrichtet, was sie 
ihrem Stande gemäß wissen mußte. Leider war dieser Unterricht, 
wie die Königin noch später beklagte, dem herrschenden Zeitgeiste ent¬ 
sprechend, mehr ein französischer als ein deutscher. Vor allem wurde 
die junge Prinzessin zur Gottesfurcht, zum Gottvertrauen und zur 
Frömmigkeit erzogen und ihr schon frühzeitig Mildthätigkeit und Liebe 
zu den Armen ins Herz gepflanzt. An der Hand ihrer Erzieherin 
erschien sie als ein Engel der Milde und Barmherzigkeit in den 
Hütten der Armen und spendete nicht bloß Gaben der Liebe, sondern 
auch Worte des Trostes und der Beruhigung. 
Mit ihrer Großmutter mochte Luise später zu ihrer weiteren Aus¬ 
bildung Reisen nach dem Elsaß, Thüringen, den Niederlanden und 
mich uach Frankfurt a. M. Hier hielt sich damals der König 
Friedrich Wilhelm II. auf, der mit dem unruhiger: Frankreich in 
einen Krieg verwickelt wer.1) Die Großmutter stellte ihre Enkelin 
Luise und deren Schwester Friederike dem Könige vor; bei dieser Ge¬ 
legenheit war es, wo der Kronprinz von Preußen die liebliche Prin¬ 
zessin kennen lernte. Was. den Kronprinzen fesselte, war nicht bloß 
die jugendliche Schönheit und die lebensfrische Anmut, welche Luisens 
Wesen umhauchten; Friedrich Wilhelm wurde bei näherer Bekannt¬ 
schaft bald inne, daß ihr holdes Wesen nur der Abglanz ihrer reinen, 
*) Siehe Seite 91.
	        
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