Full text: Geschichte des preußischen Staates

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der Erzeugnisse der deutschet! Industrie, die iu einer Blüte steht, wie 
nie zuvor, gesichert. 
Auch dns schöne Eiland Helgoland, geschichtlich und geogra¬ 
phisch zu Deutschland gehörig, ist durch einen Vertrag mit England 
feit dem Jahre 1890 wieder mit dem Mutterlaude vereinigt. Die 
Insel bildet im Kriegsfälle einen wichtigen Stützpunkt für unsere 
Flotte. 
Steuerreform. Um eine stärkere Heranziehung der höheren Ein- 
kommen und eine Entlastung der mittleren und kleineren möglich zu 
machen, war für Preußen eine Neuordnung des Steuerwesens nötig 
geworden. Es wurde die auf Selbsteinschätzung fußende Einkommen¬ 
steuer eingeführt, desgleichen die Ergäuzuugs- oder Vermögens¬ 
steuer, welche ein Vermögen über 6000 Mark zu einer besonderen 
(Steuer heranzieht. Dagegen wurden alle Jahreseinnahmen, die 
900 Mark nicht übersteigen, steuerfrei. Auch verzichtete der Staat 
zu Gunsten der Gemeinden auf die Grund-, Gebäude- und Ge¬ 
werbesteuer. 
Persönlichkeit unseres Kaisers. Unser Kaiser ist von mittlerer 
Größe, kerngesund und von recht kräftigem Körperbau. Seiue Augen 
sind blau, Haupthaare und Schnurrbart blond. Sein Gesichtsaus¬ 
druck zeigt gewöhnlich tiefen Ernst; bestimmt und klar, meist in knapper 
Kurze, fließt ihm die Rede vom Munde. Seine Haltung ist würde¬ 
voll und erhaben; sein ganzes Auftreten verrät den Herrscher. 
In stitietn Charakter zeigt Wilhelm II. eilte große Entschieden¬ 
heit und einen festen Willen. Geistig ist er hochbegabt, und auf deu 
Gebieten der Künste und Wissenschaften besitzt er umfassende Keirnt- 
uisse; eine besondere Vorliebe hat er für Poesie und Musik. Als 
echter Zoller ist er natürlich durch und durch Soldat, und der Soldateu- 
rock ist sein liebstes Kleid. 
Von seinen großen Herrscherpflichten ist der Kaiser tief überzeugt; 
Tag und Nacht ist er daraus bedacht, die Not seiner Unterthanen zu 
lindern, ihr Wohl zu heben, den Frieden des ganzen Landes zu 
schützen. Als gläubiger Christ setzt er bei all seinen Unternehmungen 
fern Vertrauen ans Gott. „Ich hoffe zu Gott," sprach der Kaiser in 
der Thronrede am 6. Mai 1898, „daß es mir beschieden sein wird, 
die innere Kreist unseres Vaterlandes zu stärken und das Ansehen 
seines Namens unter den Völkern der Erde zu erhalten." 
Sein Tagewerk beginnt schon morgens früh. Um 6 Uhr steht 
der Kaiser ans und ist bis abends spät vollauf beschäftigt. Er be¬ 
sichtigt die Truppen, hört die Vorträge seiner Räte und liest und 
beantwortet die eingegangenen Schreiben. Als Freund und Gönner 
der Kunst und Wissenschaft besucht er öfters die Werkstätten hervor- 
ragender Künstler und beehrt sie und berühmte Gelehrte mit einer 
Einladung zur kaiserlichen Tasel.
	        
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