26 
Frau, die gestern mit ihm geredet hatte, war ihre Schwiegertochter, und das 
Kind war ihr Enkel. Und als der General seine Mutter erkannte und seiner 
Gemahlin sagte: „Das ist sie", da küßten und umarmten sie sich, und die Mut¬ 
terliebe und die Kindesliebe, und die Hoheit und die Demuth schwammen in 
einander und gossen sich in Thränen aus, und die gute Mttter blieb lange in 
ungewöhnlicher Rührung, fast weniger darüber, daß sie heute die Ihrigen fand, 
als darüber, daß sie sie gestern schon gesehen hatte. — Als der Wirth zurück¬ 
kam, sagte er, das Geld regne zwar nirgends durch den Kamin herab; aber 
nicht 200 Franken nähme er darum, daß er nicht zugesehen hätte, wie die gute 
Mutter ihren Dohn erkannte und sein Glück sah. 
Elternsegea ist Gottes Segen. 
40. Eia Ffiedhofsbesuch. 
Beim Todtengräber pocht es an: 
„Mach auf, mach auf, du greiser Mann! 
Thu auf die Thür und nimm den Stab, 
musst zeigen mir ein theures Grab!“ — 
Ein Fremder spricht’s mit strupp’gem Bart, 
verbrannt und rauh nach Kriegerart. 
„„Wie heisst der Theure, der euch starb, 
und sic!) ein Pfühl bei mir erwarb?““ 
„Die Mutter ist es; kennt ihr nicht 
der Martha Sohn mehr am Gesicht?“ 
„„Hilf Gott, wie gross, wie braungebrannt! 
Hätt’ nun und nimmer euch gekannt. — 
Doch kommt und seht, hier ist der Ort, 
nach dem gefragt mich euer Wort. 
Hier wohnt, verhüllt von Erd’ und Stein, 
nun euer todtes Mütterlein.““ 
Da steht der Krieger lang und schweigt, 
das Haupt hinab zur Brust geneigt. 
Er steht und starrt zum theuren Grab 
mit thränenfeuchtem Blick hinab. 
Dann schüttelt er sein Haupt und spricht: 
„Ihr irrt, hier wohnt die Todte nicht. 
Wie schloss’ ein Raum, so eng und klein, 
die Liebe einer Mutter ein?“ — 
41. Königliche Rinderzucht. 
Der kleine Prinz von Wales (sprich: Wähls), der älteste 
Sohn der mächtigen Königin Viktoria von England, (er ist am 
9. November 1841 geboren) stand eines Tages in seinem Zimmer 
des königlichen Landsitzes am Fenster, dessen Scheiben bis hinunter 
ans den Fußboden reichten. Er sollte seine Lektion auswendig
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.