Full text: Erzählungen aus Sage und Geschichte des Altertums und der ersten Periode des Mittelalters

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unter Segel gegangen war, wurde es von einem Blitzstrahl 
zerschmettert. Alle Genossen kamen dabei um, nur Odysseus 
rettete sich endlich aus die kleine Insel Ogygia zu der 
„schöngelockten" Nymphe Kalypso. Diese begehrte den Herr- 
lichen Helden zum Gemahl und verhieß ihm Unsterblichkeit 
und ewige Jugend. Sieben Jahre hielt Kalypso den Odysseus 
bei sich fest; sein Herz aber war fern bei den Seinen, in 
unerschütterlicher Treue gedachte er seiner lieben Gattin und 
des Sohnes, den er bei ihr zurückgelassen hatte. Oft saß 
Odysseus am Strande des Meeres und weinte bitterlich, 
er wäre glücklich gewesen, wenn er nur einmal die Seinen 
von fern, ja wenn er nur den Rauch hätte sehen können, 
der aus dem Dach seines Hauses stieg. — Da erbarmten 
sich seiner die Götter; Hermes erschien auf Ogygia und 
befahl der Kalypfo, den Odysseus zu entlassen; der aber 
zimmerte eilends ein Floß, und von Kalypso mit Lebens- 
Mitteln versorgt, vertraute er nochmals sein Schicksal den 
Fluten des Meeres. — 
4. penelope und Aelemach. Fast zwanzig Jahre 
waren vergangen, seit Odysseus als junger Mann von 
Jthaka ausgezogen war. Seine herrliche Gattin Penelöpe 
und sein Sohn Telemach, der unter Leitung der Mutter zu 
einem stattlichen Jüngling herangewachsen war, hatten von 
Jahr zu Jahr auf Odysseus' Wiederkehr gehofft; aber es 
war nicht einmal eine Kunde von ihm in die Heimat ge- 
langt. Da hielten ihn die meisten für tot, und täglich 
mehrte sich die Zahl der Freier, die Penelope zum Weibe 
begehrten. Aber Penelope hütete in Treue Haus und Herd 
und hoffte noch immer auf Odysseus. Darüber ergrimmten 
die Freier und fielen nun über das schutzlose Hab und 
Gut des fernen Königs her wie die Wölfe. In glänzenden 
Gelagen verpraßten sie in der Halle des Odysseus, was 
Fluren und Herden hervorbrachten. In dieser Not erstarkte 
das Herz des Telemach, daß er den Freiern mannhaft ent-
	        
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