Full text: Erzählungen aus Sage und Geschichte des Altertums und der ersten Periode des Mittelalters

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die Soldaten der Römer viel schneller als ihre Gegner nach 
Campanien gelangen und sicherten sich dadurch die Herrschaft 
in diesem Lande. Appius Claudius war auch als Rechts- 
gelehrter und Redner tüchtig, vor allem aber das Musterbild 
eines altrömischen Hausvaters. Noch als blinder Greis re- 
gierte er Kinder und Kindeskinder und seine zahlreiche 
Sklavenschaft mit so fester Hand, daß jeder Böse vor ihm 
zitterte, jeder Gute ihn liebte. Und als einmal im Kriege 
mit Pyrrhus die Römer im Begriffe standen, einen schimpf- 
lichen Frieden zu schließen, verhinderte er es durch die 
Macht seines Ansehens (S. 85). 
Als Censor geriet er öfter in Streit mit den Bürgern; 
meist setzte er seinen Willen durch, aber einmal hat er auch 
nachgeben müssen. 
Die angesehene Zunft der Stadtpfeifer hatte nämlich das Recht, 
alljährlich am Minervafeste im Jupitertempel einen Schmaus abzu- 
halten und darnach verkleidet und maskiert durch die Straßen Roms 
zu ziehen. Als dabei mancher Unfug vorkam, wollte ihnen der gestrenge 
Censor Appius Claudius dieses Vorrecht entreißen. Aber das ließ sich 
die Zunst nicht gefallen, sondern zog Mann für Mann fort nach dem 
Bergstädtchen Tibur. Nun fehlte es in Rom an jeglicher Musik nicht 
nur bei den Familienfesten, sondern auch bei den Staatsopfern und 
den großen Festen der Götter. Der Senat fürchtete deswegen den 
Zorn der Götter und ließ die Musikanten flehendlich bitten heimzu- 
kehren. Aber diese blieben hartnäckig. Da griff man zu einer List. 
Die Tiburtiner, im Einverständnisse mit dem Senate in Rom, luden 
die Musikanten eines Abends zum Gelage ein und nötigten sie so 
lange zum Trinken, bis sie berauscht einschliefen. Darauf packte man 
sie auf Wagen und fuhr sie, ohne daß sie es merkten, nach Rom. 
Dort standen die Wagen mit den schlafenden Musikanten am Morgen 
mitten auf dem Markte; schnell lief das Volk zusammen und sah 
lachend zu, wie einer nach dem andern mit erstaunten Mienen er- 
wachte. Beschämt willigten nunmehr die Pfeifer ein, in Rom zu 
bleiben, doch wurde ihnen ihr altes Vorrecht bestätigt. 
4. Pie ßei Sentinum; Decius Mus 
Jüngere. Noch einmal erhoben die Samniten ihre ge- 2go 
fürchteten Waffen in einem dritten Kriege (298—290 v. Chr.), 0 Chr. 
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