Full text: Geschichtliche Erzählungen für die Unterklassen der höheren Schulen Sachsens

136 Aus der Napoleonischen Zeit. 
Da sangen die Knaben auf der Straße: „Ritter ohne Schwert, 
Reiter ohne Pferd, Flüchtling ohne Schuh, nirgends Rast und Ruh. 
So hat sie Gott geschlagen mit Mann und Roß und Wagen." 
Die Erwachsenen aber ballten die Fäuste und sagten: „Laßt uns 
nun auch die Franzosen aus dem Lande jagen!" 
* 
Die Erhebung Von Ostpreußen her erklangen die Rufe nach Kampf und Freiheit 
be§i8L3^eä am lautesten, Krieg mit den verhaßten Franzosen wollte man haben. 
Da verließ König Friedrich Wilhelm III. im Januar 1813 seine 
Hauptstadt, wo er von Feinden umgeben war, und reiste nach Breslau. 
Hier pflog er mit Scharnhorst und andern treuen Männern Rat, 
was zu tun sei. Endlich wurde beschlossen, den Kampf mit Napoleon 
zu wagen. 
Dazu kamen Gesandte des russischen Kaisers mit der Botschaft, 
Zar Alexander wolle mit in den Krieg ziehen und die Waffen nicht eher 
niederlegen, bis Preußen vom Feinde befreit sei. 
Nach einigen Wochen kam der Zar selbst nach Breslau. An der 
Seite des Königs ritt er in die Stadt ein; ihnen folgten bärtige Lanzen- 
reiter von wildem Aussehen, die gefürchteten Kosaken. Von allen Türmen 
läuteten die Glocken, und Tausende von Menschen standen in den Straßen 
und jubelten den Einziehenden zu, von denen sie Hilfe erhofften. 
Darnach erklärte der König von Preußen dem Kaiser der Fran- 
zosen den Krieg und rief sein Volk zu den Waffen. 
Da erwachte in den Prenßenherzen der alte Heldenmut, und ein 
ungeheurer Jubel ging durch das Land; endlich sollten die Tage der 
Schmach aufhören. Wer bisher gedrückt einhergegangen war, erhob 
wieder hoffnungsvoll das Haupt. Überall hörte man nur vom Kriege 
reden. „Frisch auf, mein Volk, die Flammenzeichen rauchen; die Saat 
ist reif, ihr Schnitter zaudert nicht!", „Das Volk steht auf, der Sturm 
bricht los; wer legt noch die Hände feig in den Schoß?" erklaüg es aus 
begeistertem Dichtermunde durch die Lande. 
Dem Franzmann begann's unheimlich zu werden auf deutschem 
Boden, aus vielen Orten verschwanden die französischen Uniformen; dafür 
wurden die flinken Kosaken aufs stürmischste begrüßt. 
Und als der König rief, da blieb kein Preuße daheim, der die 
Waffen tragen konnte: der Kaufmann verließ sein Geschäft, der Hand- 
werker die Werkstatt, der Bauer schied von Acker und Pflug, Professoren 
und Studenten griffen zum Schwerte, in Berlin eilten nahezu 400 Primaner
	        
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