— 50 —
Aerxes hatte auf seinem ganzen Zuge bis an die Thermopylen
keinen Widerstand gefunden und war deßhalb nicht wenig erstaunt,
hier einen Feind und dazu noch in so geringer Zahl zu treffen'
Noch mehr aber wunderte er sich, als er von den Kundschaftern,
die er gegen die griechischen Vorposten ausgeschickt hatte, erfuhr,
daß die Spartaner mit Ringen und dem Flechten ihrer Haare be-
schäftigt seien. Er befragte daher den Demaratus über das un-
erklärliche Verhalten der Feinde. Dieser aber setzte ihm aus-
einander, dasselbe habe zu bedeuten, daß die Griechen entschlossen
seien auf Leben und Tod zu kämpfen: es fei der Spartaner Sitte,
vor einem folchen Kampfe sich die Haare zu schmücken. Der
König habe jetzt die tapfersten Männer auf der Erde vor sich;
wenn er diese besiege, so könne ihm kein Volk mehr widerstehen.
Xerxes hielt aber alles dies sür unsinnig und wartete vier Tage
lang, ob die Griechen sich nicht freiwillig unterwerfen würden.
In dieser Erwartung getäuscht, ließ er am fünften Tage einen
Theil feines Heeres zum Kampfe vorrücken.
Hier aber bewiesen die Griechen durch Wort und That, welch'
hohe Begeisterung für das Vaterland sie beseelte. Als Xerxes
ihnen die Waffen abfordern ließ, gab ein Spartaner die lakonische
Antwort: „Komm' und hole sie!" Und ein anderer sagte, als er
hörte, die Zahl der Perser sei so groß, daß von ihren Pfeilen
die Sonne verdunkelt würde: „Um so besser, so werden wir im
Schatten kämpfen." Der Perserkönig machte dem Leonidas das
Anerbieten, er wolle das spartanische Gebiet erweitern, wenn er
sich unterwerse; dieser aber entgegnete: „Die Spartaner pflegen
Länder mit dem Schwerte zu erobern, nicht durch Verrätherei zu
erkaufen." Der Kampf bewies, daß es keine leere Worte waren.
Denn so oft neue Massen in den Engpaß eindrangen, wurden
sie mit blutigem Verluste zurückgeschlagen. Bald wollten die
Perser nicht mehr vorrücken und mußten mit Peitschen in den
Kamps gejagt werden. Da ließ Xerxes die Tapfersten seines
Heeres, die Schaar der Unsterblichen, einen neuen Versuch machen-
aber auch sie waren nicht glücklicher. Als er so durch die Gewalt
der Waffen nichts ausrichten konnte, kam ihm ein anderes Mittel
sehr erwünscht, der Verrath. Ein Malier, mit Namen Ephialtes,
zeigte den Persern für Gold einen Fußpfad über den Berg, aus
welchem man den Griechen in den Rücken fallen konnte. Diesen
Weg hielten zwar 1000 Phokier aus Befehl des Leonidas besetzt;
sie mußten aber bei dem Andringen der Ueberzahl in das Gebirge
zurückweichen.
Jetzt entließ Leonidas, da er sah, daß jede weitere Vertheidi-
gung erfolglos war, die größte Zahl seiner Leute, um ihr Leben
zu Befferem zu schonen, und blieb nur mit seinen dreihundert