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den vielen Prozessen der verbündeten Staaten, welche zu Perikles'
Zeit alle ihre Rechtsangelegenheiten vor die athenischen Gerichte
Bringen mußten, eingiettgeit, beliesen sich auf so hohe Summen,
daß damals trotz der großen Ausgaben des Staates noch 8000
Talente, d. i. ungefähr 50 Millionen Mark als Ersparniß im
Staatsschatze waren.
Die letzten Lebensjahre des Perikles waren weniger glücklich
und glänzend. Nachdem sein Einfluß Bei den Athenern, die sonst
wankelmüthig und eifersüchtig auf die hervorragende Stellung Ein¬
zelner waren, fast vierzig Jahre lang gleich mächtig gewesen war,
gelang es seinen Feinden, ihn bei dem Volke wegen schlechter Ver-
Wendung der Staatsgelder anzuklagen. Obschon zu einer Geld-
strafe vemrtheilt, wußte er sich doch das Vertrauen des Volkes
wieder zu erwerben und stand ihm treu mit Rath und That zur
Seite. Die ersten Jahre des Krieges zwischen Athen und Sparta,
den er längst vorausgesehen hatte, sielen noch in seine letzte Lebens-
zeit. Als nämlich die Spartaner angeblich zum Schutze sür die
bedrückten kleinen Staaten von Athen Genngthuung sür den diesen
zugefügten Schaden verlangten, stellte Perikles seinen Mitbürgern
die Notwendigkeit des Krieges vor, indem er ihnen zeigte, daß es
sich jetzt darum handle, ob sie herrschen oder von den Spartanern
beherrscht werden sollten. Perikles wurde an die Spitze des Heeres
gestellt; aber das Glück, welches ihn bei früheren kriegerischen
Unternehmungen gegen einzelne Inseln begleitet hatte, war nicht
mehr an seiner Seite. Auch häusliches Unglück traf ihn hart,
indem alle seine Angehörigen an einer furchtbaren Pest, welche in
Athen ausbrach, dahinstarben, und er selbst wurde zuletzt noch, durch
Anstrengungen schon erschöpft, von ihr ergriffen und hingerafft,
im Jahre 429 v. Chr., im dritten Jahre des Krieges, zu dem er
feinen Mitbürgern gerathen hatte. Mit ihm verlor Athen feinen
größten Staatsmann und ausgezeichnetsten Bürger. Als feine
Freunde mit ihm auf dem Todtbette von feinen ausgezeichneten
Thaten sprachen, erwiederte er: „Hierin sind mir andere gleich;
aber das rechne ich mir zn besonderem Ruhme an, daß nie ein
Athener durch mich in Trauer versetzt worden ist."
S- 34.
Ter peloponnesische Krieg.
Der Krieg, welcher noch zu Lebzeiten des Perikles zwischen
den Athenern und Spartanern begann, heißt der peloponne-
sische Krieg. Er wurde aber nicht allein von den Athenern