Metadata: Württembergisches Realienbuch

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Im 21. Jahre wurde der Knappe unter großer Feierlichkeit in den Ritter¬ 
stand aufgenommen. In der Kirche wurde ihm die Waffenrüstung angelegt: 
Panzerhemd, Harnisch, Armschienen und die goldenen Sporen. Hierauf mußte 
er das Gelöbnis ablegen, die Kirche und ihre Diener zu ehren, die Ungläubigen 
zu bekämpfen, die Witwen und Waisen zu schützen und seine Ehre unbefleckt 
zu erhalten. Dann erhielt er den Ritterschlag. Festlichkeiten mit Turnier, 
Bankett und Tanz beschlossen die Feier. Die ritterlichen Übungen beim 
Turnier bestanden im Lanzenstechen und im Schwertkampf zu Fuß oder zu 
Roß. Der Sieger erhielt aus der Hand einer schönen Frau den Preis: 
Helm, Schwert, goldene Kette oder goldenen Ring. Die glanzvollsten 
Turniere wurden unter den stanfischen Kaisern abgehalten. 
Um sich von andern Leuten abzusondern und sich vor Feinden zu 
schützen, bauten die Ritter ihre Wohnungen auf unzugänglichen Höhen, seltener 
in der Ebene. Zu einer Ritterburg gelangte man auf einem schmalen Pfad 
und überschritt dann auf einer Zugbrücke den tiefen Burggraben, der die 
Ringmauer mit den Türmen umschloß. Das Eingangstor lag gewöhnlich 
zwischen zwei Türmen. Der höchste Teil der Burg hieß der „Bergfried", ein 
hoher Turm mit meterdicken Mauern. Er war der letzte Zufluchtsort, wenn 
die Burg von Feinden erstürmt wurde. Oben auf dem Turme hatte der 
Wächter seinen Platz, „zum Schauen geboren, zum Sehen bestellt". Unten 
war ein kellerartiges Gewölbe, das Burgverlies, in das die Gefangenen 
gebracht wurden. Der schmale Eingang zum Turme lag einige Meter über 
der Erde und war nur durch eine Leiter zugänglich. Nicht weit vom Berg¬ 
fried stand das Wohnhaus, in dessen Erdgeschoß sich die Halle befand, mit 
Waffen, Siegeszeichen und Ahnenbildern ausgeschmückt; über der Halle lagen 
die Frauengemächer. 
Aus den Burgen herrschte ein lebensfrohes Treiben. War der Ritter 
nicht im Krieg, so beschäftigte er sich mit Waffenübungen, ging aus die Jagd oder 
zog mit seinen Knappen auf Abenteuer aus. Sonst wurde mit ritterlichen Spielen, 
denen die Frauen zusahen, der Tag verbracht; dann wurde gesungen und getanzt, 
wobei ein Spielmann die Geige strich, und zum Schluß wurden am Feuer des 
Kamins Sagen erzählt. In den Frauengemächern verfertigte die Burgfrau in 
Gemeinschaft mit den Töchtern die Kleidung, die besonders zur Zeit der Hohenstaufen 
sehr zierlich und prunkvoll war. So angenehm das Leben im Sommer auf den 
luftigen, sonnigen Höhen sich gestaltete, so traurig und einsam war's im Winter, 
wenn kalte Stürme durch das Land tobten und die schmalen Pfade vom Schnee 
verschüttet waren. Sehnsuchtsvoll warteten die Burgbewohner dann auf das Nahen 
des Frühlings, der den „fahrenden Sänger" brachte, durch den sie Kunde erhielten, 
wie es in der Welt draußen aussah. Die Blütezeit des Rittertums fällt in die 
Zeit der Hohenstaufen und der Kreuzzüge; während derselben zeichneten sich die 
Ritter durch glänzende Waffentaten aus und pflegten auch die Dichtkunst. 
Das Rittertum sank aber schnell von seiner Höhe herab. Fortan wurden die Städte 
mit ihrem tätigen, regsamen Bürgertums der Sitz der Kultur und des Fortschritts.
	        
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