43—45. Friedrich IL, der Große, 1740—1786.
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so zahlreichen Feinde an. Er selbst führte mit dem Degen in der Hand
eine Schar gegen eine österreichische Batterie. Die Leute flohen, als sie
in den Bereich der feindlichen Kugeln kamen - Friedrich aber achtete
nicht darauf und ritt immer weiter, bis einer seiner Adjutanten ihm zu¬
rief: „Wollen denn (Em. Majestät die Batterie allein erobern?" Jetzt
erst erkannte Friedrich seine mißliche Lage, hielt sein Pferd an, betrachtete
die Batterie durch ein Fernglas und kehrte dann langsam zu den Seinigen
zurück. Das Glück mar ihm an diesem Tage nicht günstig. Der könig¬
liche Held murde zum erstenmal geschlagen. Friedrich mar sehr nieder¬
gedrückt , aber seine (Offiziere und Mannschaften zeigten sich voll Mut
und vertrauen. Während die Truppen abmarschierten, saß der König
traurig auf einem Brunnenrohr; als er aber ihre Begeisterung sah, rief
er: „Kinder, ihr habt heute einen schmeren Tag gehabt, aber ich roilt
alles mieder gut machen." Friedrichs Gegner jubelten; die völlige
Demütigung des Preußenkönigs schien nahe, denn viele Niederlagen
konnte seine kleine Macht nicht ertragen. Schon drangen die Russen
plündernd und raubend in Ostpreußen ein, die Schmeden schickten sich
an, Pommern zu erobern, und die Franzosen samt der deutschen Reichs-
armee rückten gegen Sachsen vor, um die Preußen daraus zu vertreiben. In
dieser gefahrvollen Lage zeigte sich Friedrichs Feldherrngröße in Hellem
Lichte. ^
4. Die Reichsarmee. Während das preußische Heer von
Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Großen in strenger Manneszucht
gehalten und im Waffendienste geübt morden mar, mar das Heerwesen
der meisten deutschen Kleinstaaten in einen traurigen Zustand geraten.
Die meisten dieser Staaten hatten kein „stehendes" Heer. Waren Soldaten
nötig, so marben sie schnell Leute an, zum Teil umherstreifendes Volk.
Dieses Gesindel bekleideten und bemaffneten sie, ohne sich darum zu
kümmern, ob die neuen Soldaten in den Waffen geübt maren. Wollte
das Deutsche Reich Krieg führen, so mußten ihm die einzelnen Staaten
je nach ihrer Größe Truppen stellen. 3n einem Regiment roaren oft
Soldaten aus verschieden Gebieten, mit verschiedener Uniform und ver¬
schiedenen Waffen. Die Offiziere kannten ihre Leute nicht, und diese
hatten kein vertrauen zu den Offizieren. Diese buntscheckige Reichs¬
armee roar Feinden und Freunden ein Spott. Nun sollte sie gegen den
großen Preußenkönig zu Felde ziehen, und zroar mit den Franzosen.
5. Die Schlacht bei Roßbach 1757. Dies rounderliche Heer
traf mit dem preußischen bei dem Dorfe Roßbach unweit von Merse-
bürg zusammen. Die Franzosen spotteten, als sie den kleinen preußischen
heerhaufen erblickten, dem sie an Zahl dreimal überlegen waren. Ihre