§ 8. Politische Geschichte der Babylonier und Afsyrer.
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wie das babylonische. „Von dem Lande Sinear", sagt die Bibel, „ist ge-
kommen Assnr und baute Ninive."
Nach den sagenhaften Berichten griechischer Geschichtschreiber gründeten Ninus
und seine Gemahlin Semirämis die Stadt Ninive und richteten durch sieg-
reiche Heereszüge bis nach Indien eine große assyrische Herrschast aus. Doch
kennen die Keilschriftquellen keinen dieser beiden Namen. Hingegen erweisen sie,
daß Ninive ein über das Jahr 3000 v. Chr. hinaufreichendes Ansehen als reli-
giöser Mittelpunkt hatte, daß aber die älteste Hauptstadt jahrhundertelang jenes
Assur auf dem rechten Tigrisufer gewesen ist, welches seinen Namen nach einem
alteinheimischen Gvtte trug. Als Reichshauptstadt kam Ninive erst seit.Sal¬
manassar I. (um 1300) empor, welcher südwärts davon die neue Residenz Salach
heute Nimrud) gegründet und durch siegreiche WaffentHaten dem assyrischen
jBoIke das Übergewicht über die Babylonier verschafft hat.
2. Mute des Assyrischen Weiches (900—626). Etwa um das Jahr
900 begannen kriegerische Könige, wie die Keilschriften ausführlich berichten,
ihre Macht über die angrenzenden Gebiete auszudehnen. Seit dem Jahre
745 weist die assyrische Geschichte eine fast ununterbrochene Reihe ruhmreicher
Großkönige auf, welche alle Völker Vorderasiens unter ihre despotische Herr-
schaft beugten (vgl. Abs. 3, S. 13). AuiJ Babylonien und Ägypten waren
ihnen vorübergehend unterthan geworden.
Unter den assyrischen Königen dieser Zeit ragen hervor Assurnassirpal III.
. (um 880) und Tigletpileser III. (oder Phul) seit 745, Salmanassar IV.,
welcher seit 725 ©amaria belagerte, und Saigon (722—705), welcher 722 nach
der Einnahme von Samaria das Königreich Israel vernichtete und die assyrische
Macht auf ihren Höhepunkt brachte; ferner dessen Sohn Senacherib. der 689
Babylgs zerstörte und unter anderem auch gegen Phönieien und Juda drückende
Kriege führte, und sein 3ohn A s a r haddon 680—668), der noch Ägypten
unterwarf, aber Babylon wieder aufbaute. Ihm und seinem Nachfolger Assur-
banipal oder Sar danäpal (668—626) huldigten 22 Könige, deren Liste uns
eine Inschrift erhalten hat.
3. Zerfall' der Wacht (seit 640). Den Anstoß zum Verfall des Reiches
Mb der Einbruch des nomadischen ScythenVolkes, das damals viele
Jahre lang die Länder Vorderasiens mit Raub und Verwüstung heimsuchte.
Unter diesen Wirren schüttelten die besten Provinzen das widerwillig ge-
tragene Joch ab: im Osten entstand das Königreich Medien, im westlichen
Kleinasien das Königreich Lydien. Syrien und Palästina kamen an Ägypten,
und zuletzt fiel auch Babylonien wieder ab.
4. Mntergang des Weiches 606. Den vereinten Angriffen des Meder-
königs Cyaxäres und des babylonischen Königs Nabopolasiar erlag im Jahre
606 der letzte assyrische König Sarakos (in der Sage noch Sardanapal
geheißen).
Als Ninives Fall bevorstand, soll der König in seinem Palaste einen Scheiter-
Haufen bestiegen nnd sich mitsamt seinen Frauen und Reichtümern verbrannt haben.
Die stolze Hauptstadt, von Grund aus zerstört, wurde „zur Öde, zum Lager für
Winter, Lehrbuch der Alten Geschichte. 2