Full text: Kaisers Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte

100 46. Die Jungfrau von Orleans (1429). 
heute den Namen Westindien. Der neue Erdteil erhielt seinen Namen 
nach dem Italiener Amerigo Vespncci, der mehrere Reisen nach 
Südamerika gemacht hatte und zuerst eine Beschreibung und Karten der 
neuentdeckten Länder herausgab. 
5. Bedeutung der Entdeckung Amerikas. Durch die Entdeckung 
Amerikas nahm der Handel der europäischen Völker einen gewaltigen 
Aufschwung; denn es galt nun, die Erzeugnisse der entdeckten Länder 
nach Europa einzuführen und die Waren der alten Welt dorthin 
auszuführen. An diesem Handel beteiligten sich besonders die west¬ 
europäischen Völker, zunächst Spanien und Portugal, später auch Holland 
und England; war bisher das Mittelländische Meer mit seinen 
Küstenländern das Haupthandelsgebiet gewesen, so trat nun an dessen 
Stelle der Atlantische Ozean. Die Mittelmeerländer gingen jetzt 
zurück, die Reiche am Atlantischen Ozean blühten auf. Ferner wurde 
durch die neuentdeckten Länder das Absatzgebiet für die Industrie 
der alten Welt erweitert. Neue Gewerbe entstanden, aus Amerika kamen 
Tabak und Baumwolle zu uns und wurden hier verarbeitet. Durch die 
neu aufkommenden Industrien erhielten zahlreiche Menschen lohnende 
Beschäftigung. Auch auf die Landwirtschaft war die Entdeckung 
Amerikas von Einfluß. Von Amerika erhielten wir die Kartoffel, die 
auch auf leichtern Boden gedeiht und mit der Zeit ein bedeutsames Volks¬ 
ernährungsmittel wurde. Der Baumwollenbau beschränkte den Flachsbau, 
die fremden Färbemittel, wie z. B. der Indigo, machten den Anbau 
heimischer Färbepflanzen überflüssig. Bald wurde auch bei uns der 
Tabak angebaut. Die ausländischen Erzeugnisse waren für Geld zu 
haben, daher wuchs der Wert des Geldes. Dem vermehrten Bedarf 
des Geldes entsprach die starke Einfuhr von Edelmetall aus den reichen 
Gold- und Silberbergwerken in Südamerika. 
Aus Frankreich: 
46. Die Jungfrau von Orleans (1429). 
1. Frankreich in Gefahr. Im Jahre 1429 stand Frankreich am 
Rande des Verderbens. Ein ganzes Jahrhundert hatte es — mit Unter¬ 
brechungen — Krieg mit England geführt, dessen Herrscher Erbansprüche 
auf den französischen Königsthron erhoben. Jetzt ermattete der Wider¬ 
stand der Franzosen. Die Regierung führte zu der Zeit der Dauphin 
Karl VII. König konnte er sich kaum nennen, weil er nicht gekrönt 
war, und gekrönt konnte er nicht werden, weil die alte Krönungsstadt 
Reims im Besitze der Engländer war. Letztere hatten auch Paris und 
alles Land bis an die Loire inne; sie belagerten jetzt die Stadt Orleans, 
um sich einen Weg nach Südfrankreich zu bahnen. An ihrer Seite 
kämpfte Frankreichs mächtigster Vasall, der Herzog Philipp von Burgund; 
ja, des Dauphins eigene Mutter, die böse Jsabella, war mit ihnen im 
Bunde. Eine tiefe Verzagtheit erfüllte die Gemüter der Franzosen. Fiel 
Orleans, dann war das letzte Bollwerk des Landes dahin, und schon
	        
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