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Dänemark wohnenden Stämme der Heruler und Jüten. Zu den
Ostgermanen wurden die Goten, Vandalen, Burgunder, Gepiden
und Nugier gerechnet. Bei den Westgermanen unterscheidet
Tacitus (um das Jahr 90 n. Chr.) drei Gruppen: 1. die Jngävonen
am Meere (Sachsen, Friesen); 2. die Jstävonen am unteren Rhein
(vermutlich die Franken); 3. die Hermionen (wahrscheinlich Alamannen
und Bajuvaren).
3. Eigenschaften, Sitten und Lebensweise der Germanen. Die
römischen Schriftsteller erwähnen die oft riesenhafte Gestalt der
Germanen, ihre helle Hautfarbe, die blauen Augen und das blonde
Haar. Treue. Offenheit, Tapferkeit, Freiheitsliebe und Keuschheit
zeichneten die Germanen so aus, daß sie Tacitus in seiner „Germania"
den entarteten Römern seiner Zeit als Vorbild hinstellte. Die
Frauen standen bei den Germanen in viel höherer Achtung als bei
anderen Völkern; die Vielweiberei kam bei ihnen nicht vor. Den
Fremden nahmen die Germanen gastfreundlich auf und gewährten
ihm Schutz. Ihren guten Eigenschaften standen aber die Unmäßig-
feit im Trinken, die Spielsucht und die Überschätzung des Fremd-
ländischen gegenüber. Verhängnisvoll für das deutsche Volk wurde
die schon bei den Germanen hervortretende Neigung, sich abzusondern,
und ihr Widerwille gegen die Eingliederung in eine große staatliche
Gemeinschaft.
Die Familienmitglieder standen unter der Gewalt und dem
Schutze (ahd. der munt, vgl. unser Wort Vormund) des Vaters.
Bei der Eheschließung entrichtete der Bräutigam an den Vater der
Braut eine Gabe, die in Rindern. Pferden und Waffen bestand.
Die Blutsverwandten von väterlicher und mütterlicher Seite bildeten
eine Sippe. Im Kriege kämpften die Gesippen nebeneinander. Sie
rächten auch die Tötung eines Mitgliedes der Sippe (Blutrache).
Die Germanen siedelten sich in einsam gelegenen Einzelhöfen
(Hofsiedlung) oder in Dörfern (Dorfsiedlung) an. Ihre Häuser
waren nach den Stämmen und Gegenden verschieden und wurden
aus Holz, Flechtwerk und Lehm hergestellt. Meist waren es Hütten,
die Blockhäusern glichen und mit Stroh oder Schilf gedeckt waren.
In der Mitte der Wohnung befand sich der Herd. Größere Hallen
für die Bewirtung und Beherbergung von Gästen besaßen nur die
Fürsten. Den Hausrat bildeten Bänke und Tische. Holznäpfe, mit
Verzierungen versehene Tongefäße und Schüsseln, Eimer und Schalen
aus Bronze wurden beim Trinken, Essen und Kochen gebraucht.
Die Kleidung der Germanen bestand aus einem hemdartigen
Unterkleid aus Leinwand oder Wolle und einem ärmellosen Mantel
aus Wollstoff oder Pelzwerk, der mittels einer Spange (Fibel)
zusammengehalten wurde. Die Lenden umgab ein breiter Wehrgurt.
Die Wohlhabenden trugen lange Leinenhosen und Schuhe, die aus