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allmählich die Erblichkeit ihrer Lehen durch. Dadurch wurde die
Kömgsmacht geschwächt, und die Aristokratie erhielt mehr und
mehr einen entscheidenden Einfluß auf die Geschicke des Reiches.
Bei seiner Vorliebe für das Römertum wandte Ludwig den deutschen
Ländern wenig Aufmerksamkeit zu. Wegen seiner Frömmigkeit und
der vielen Wohltaten, die er der Kirche erwies, erhielt er den
Beinamen „der Fromme".
Schon im Jahre 817 nahm Ludwig eine Regelung der Erb-
folge vor. Er machte seinen älteren Sohn Lothar zum Mitkaiser
und bestimmte für ihn die Hauptmasse des Reiches. Die beiden
anderen Söhne, Ludwig und Pippin, sollten als Unterkönige
einige Grenzländer regieren. Als aber Ludwigs zweite Gemahlin,
die herrschsüchtige Judith, ihm noch einen Sohn, Karl, geboren
hatte, änderte er die Erbfolgeordnung und wies dem jüngsten
Sohne einen Teil von Lothars Erbe zu. Die Folge davon waren
lange Kämpfe mit seinen drei älteren Söhnen. Der Kaiser unterlag
auf dem Rotfelde bei Kolmar (833), wo ihn seine Truppen
schmählich verließen. Dieses Feld heißt seitdem das „Lügenfeld".
Lothar zwang den Vater, öffentlich Kirchenbuße zu tun und der
Regierung zu entsagen. Die Brüder aber, die Lothars Allein-
Herrschaft fürchteten, setzten den Kaiser wieder in seine Rechte ein.
Nach dem Tode Pippins teilte Ludwig das Reich abermals. Da
er hierbei seinem zweiten Sohne Ludwig (dem Deutschen) nur Bayern
zuteilte, griff dieser zu den Waffen; doch starb der Kaiser schon
bei Beginn des Kampfes, 840.
Der Vertrag zu Verdun, 843.
Nach dem Tode Ludwigs des Frommen verlangten seine Söhne
Ludwig und Karl eine Teilung des Reiches. Lothar trat aber für
die Reichseinheit ein, und es kam zu einem Bruderkriege, in
welchem Lothar unterlag. Ludwig und Karl gelobten sich durch
feierliche Eide in Straßburg Treue und Beistand, und Lothar
mußte in die Reichsteilung einwilligen. Im Vertrage zu
Verdun, 843, wurde die Ländermasse Karls des Großen in drei
unabhängige Reiche geteilt.
a. Lothar I. erhielt die Kaiserwürde, Italien, die Provence,
fast ganz Burgund, das Elsaß, das Moselland, das Gebiet zu
beiden Seiten des Niederrheins, das Maasgebiet bis zur Schelk
und Friesland.
b. Ludwig (II.), der Deutsche, erhielt die Länder östlich
des Rheins (Ostfranken), sowie „wegen der Weinsülle" Mainz,
Worms und Speyer.
Die Straßburger Eide. Atzler, Qu. u. L. I. Nr. 20.