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c. Karl II., der Kahle, bekam die Länder westlich vom
Reiche Lothars (Westfranken).
Der Vertrag zu Berdun hatte wichtige Folgen. Ludwigs
Reich war fast ganz aus germanischen Teilen zusammengesetzt: die
Bewohner fühlten sich in Sprache, Sitte und Denkart gleich und
nannten ihre Sprache die deutsche, d. h. die volkstümliches Im
Westfrankenreiche entwickelte sich die französische Sprache
aus dem Volkslatein und der Sprache der Franken. Deutsche
und Franzosen sehen daher in dem Vertrage zu Verduu
den Beginn der selbständigen Entwicklung ihrer Na-
tionalitäten.
Die fränkischen Teilreiche unter den Karolingern,
843-918 (987).
In den Karolingischen Teilreichen herrschten fortwährende
Unruhen. Die Schwäche der getrennten Länder wurde dadurch
gesteigert, daß im Ost- und Westfrankenreiche die herkömmlichen
Reichsteilungen stattfanden und in Italien sich Gegenkönige bekämpften.
Dazu kam, daß auswärtige Feinde die Grenzen bedrängten.
Gegen Italien erhoben sich von Afrika her die Araber, die
Kalabrien besetzten, während in Apulien der Kaiser von Konstantinopel
seine Herrschaft aufs neue befestigte. Von Norden drangen die Normannen
vor, um im Frankenreiche Beute zu suchen. Im Osten gründete Sw^topluk
oder Zweutibold, der Fürst der Mähren, ein selbständiges Reich. In
dieses brachten die griechischen Missionäre Methodius und Cyrillus
das Christentum, und so ging das weite Missionsgebiet der deutschen Kirche
verloren.
Die Normannen (Nordmannen) waren Seeräuberscharen, die der
germanischen Bevölkerung der skandinavischen Küsten entstammten. Durch
den fortwährenden Kampf mit der wilden Natur des Nordens, sowie durch
die zahllosen Fehden, welche die Ausübung der Blutrache hervorrief, bildeten
sie sich zu kühnen Seefahrern und furchtlosen Kriegern aus. Besondere
Sänger, die Skalden, pflanzten ihre alten Götter- und Heldensagen
(vgl. die isländischen Edden S. 5) fort und fachten ihre Kampflust an. Auf
ihren langen, schmalen Schiffen, den „Wellenrossen" oder „Meeresdrachen",
unternahmen die Normannen oder, wie sie sich selbst nannten, „Wikinger"
(d. h. Krieger), weite Fahrten und drangen auf den Flüssen bis tief ins
Innere der Länder ein. Hamburg, Bremen, Cöln und Trier wurden von
* „Deutsch" kommt von dem got. thiudisks (ahb. diotisc, diutisc,
mhd. diutisch, diutsch) und hängt mit got. thiuda, ahd. diot, mhd. diet =
Volk zusammen; es bedeutet also volkstümlich; vgl. bedeuten, deutlich.
v. Löh er, Kulturgeschichte der Deutschen im Mittelalter: Niedergang
der Karolingischen Macht. Atzler, Qu. u. L. I. Nr. 21.
Atzler, Geschichte für Lehrerseminare. 4