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Für die Unterkunft der Reisenden war noch wenig gesorgt, und in
vielen Gasthöfen, namentlich in den Dörfern, mußten sie mit einer
Streu vorlieb nehmen.
Der briefliche Verkehr war noch nicht sehr entwickelt. Denn
die Briefbeförderung war teuer, da das Porto mit der Entfernung
wuchs, uud auch recht langsam; so langte z. B. die Nachricht vom
Emzuge der Monarchen in Paris (31. März 1815) erst nach
13 Tagen in Berlin an.
Als die Dampfmaschine erfunden worden war. wnrde der
Verkehr lebhafter. 1816 befuhr das erste Dampfboot den Rhein;
1835 wurde die erste Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth
dem Verkehr übergeben. 1838 war die Bahn zwischen Berlin und
Potsdam fertig. Auch die Erfindung des elektrischen Teleqravben
(1833) förderte den Verkehr.
Friedrich Wilhelm IV., 1840—1861.
1. Die Persönlichkeit des Königs und seine ersten Regierungs¬
jahre. Friedrich Wilhelm IV. war 45 Jahre alt, als er König
wurde. Er war ein sehr begabter Fürst, ein ausgezeichneter Redner
und ein großer Freund der Wissenschaften und Künste. Während
er für das Militärwesen weniger Vorliebe hatte, zeigte er eine
schwärmerische Begeisterung für alles Gute und Schöne. Er zeichnete
sich durch tiefe Frömmigkeit aus; sein Wahlspruch lautete: „Ich
und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen."
Friedrich Wilhelm IV. liebte besonders die mittelalterliche
Baukunst und sorgte für die Wiederherstellung des Eölner Domes,
der Marienburg, des Stammschlosses der Hohenzollern und vieler'
alter Kircheu. Er berief hervorragende Künstler und Gelehrte nach
Berlin und unterstützte deutsche Dichter, wie Ferdinand Freiligrath,
Friedrich Rückest uud Emauuel Geibel.
2. Der Vereinigte Landtag in Preußen. Als Friedrich Wil¬
helm IV. zur Regierung kam, hofften seine Untertanen, er werde
dem Lande eine Verfassung geben. Der König war jedoch von
seiner erhabenen Würde so durchdrungen, daß er fei ns von seinen
Rechten aufgeben wollte. Um dem Wunsche des Volkes zu entsprechen,
berief er aber 1847 die von seinem Vater geschaffenen Provinzial-
landtage (S. 105) nach Berlin und verlieh diesem „Vereinigten
Landtage" das Recht, Stenern zu bewillige« oder abzulehnen;
über die Gesetzentwürfe durfte sich die Versammlung aber nnr
Bekanntmachung Friedrich Wilhelms IV. betreffend Einführung des
Vereinigten Landtages. — Bekanntmachung wegen beschleunigter Einberufung
des Vereinigten Landtages. Atzler, Qu. Nr. 134 u. 135.